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eifrig gewahrten landständischen Privilegien und die schroffe Ausschließlichkeit 
der landschaftlichen Indigenatsrechte!) als mächtige Hemmnisse im Weg; aber 
schon gelang es doch, manchen Widerstand zu beugen; die Idee des einheit⸗ 
lichen Staates, über die provinzialen Sonderrechte hinweg, begann langsam 
sich Bahn zu brechen. ——— 
Mit dem Jahre 1660 beginnt eine neue Epoche in dem Leben des 
Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Die unterbrochene Friedensarbeit wurde wieder 
aufgenommen; neue Aufgaben hatten sich hinzugefunden, aber auch neue Kräfte 
zu ihrer Lösung. Vorerst führten die veränderten Verhältnisse im Herzogtum 
Preußen zu langjährigen und schwierigen Verwickelungen. Friedrich Wilhelm 
hatte Polen und Schweden die Souveränität des Landes abgerungen; aber 
die preußischen Stände, die in dem Zusammenhang mit Polen bisher immer 
einen erwünschten Rückhalt gegen die fürstliche Gewalt des Landesherrn besessen 
hatten und ohne deren Zustimmung die Auflösung des Lehnsverbandes voll— 
zogen worden war, weigerten sich aufs lebhafteste, das neue Herrschaftsver— 
hältnis des Kurfürsten anzuerkennen. Adel wie Städte bestanden darauf, daß 
ohne ihren Willen eine solche Anderung nicht stattfinden könne; die einfluß— 
reiche, streng lutherische Geistlichkeit, besorgt vor weiterer Ausbreitung des 
reformierten Bekenntnisses unter der neuen Regimentsform in der Hand des 
reformierten Fürsten, stand ihnen mit Eifer zur Seite. Das formale Recht 
der verbrieften Landesprivilegien sprach in vielen Stücken für die ständische 
Auffassung; die Krone Polen selbst, wurde erklärt, sei nicht befugt, über das 
begründete Anrecht der preußischen Stände auf ihren Zusammenhang mit Polen 
durch einseitigen Verzicht zu verfügen; man scheute sich nicht, Verbindungen 
in diesem Sinne mit dem polnischen Hofe zu unterhalten, die auch von diesem 
nicht ganz zurückgewiesen wurden, die aber in den Augen des Kurfürsten nicht 
anders als hochverräterisch erscheinen konnten. Nach langen, vergeblichen Ver— 
handlungen, die sich besonders um die Frage des stehenden Heeres, der Steuern 
und der von dem Kurfürsten aufgezwungenen neuen Landesverfassung drehten, 
sah sich dieser veranlaßt, endlich tätlich einzugreifen; mit militärischer Gewalt 
erschien er selbst in Königsberg; vor seinem persönlichen Auftreten verstummte 
der Widerspruch der aufsässigen Hauptstadt; der Hauptagitator, der Schöppen— 
meister Hieronymus Roth, wurde verhaftet, wegen hochverräterischer Ver— 
bindungen mit dem Ausland zum Tode verurteilt und zu lebenslänglichem 
Gefängnis begnadigt. Dieses entschlossene Verfahren hatte die Wirkung, daß 
nach einiger Zeit wenigstens äußerlich sich die Stände dem neuen Rechte des 
Kurfürsten fügten; im Oktober 1663 leisteten sie dem neuen Landesherrn die 
feierliche Erbhuldigung auf Grund der neuen Landesverfassung, die mit mög— 
licher Schonung der alten Verhältnisse doch die Souveränitätsrechte in allen 
wesentlichen Stücken sicherstellte. Jahrelang freilich gärte die Unzufriedenheit 
noch weiter, besonders bei einem Teil des preußischen Adels, der nur mit dem 
äußersten Widerstreben die Aufrichtung eines straffen fürstlichen Regimentes 
duldete und den Gewöhnungen polnischer Adelsfreiheit nicht entsagen wollte. 
Auch diesem Elemente gegenüber, das selbst nach der geschehenen Huldigung 
nicht darauf verzichtete, verräterische Verbindungen mit Polen zu unterhalten, 
mußte Friedrich Wilhelm noch einmal zur Gewalt greifen; es war in dem 
) Heimatsrechte (vom lat. indigena, eingeboren)
	        
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