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Streng war die Zucht des Hauses. Am Morgen war in den Familien 
furge Hausandacht mit den Kindern und gewöhnlich mit den Dienstleuten: 
Gesang eines Verses, eine Ermahnung oder Gebet, zuletzt wieder ein 
Liedervers. Früh wurde aufgestanden, bei guter Zeit wieder das Lager 
gesucht. Auch der Umgang im Hause war förmlich; von Kindern und 
Dienstboten wurde äußere Ehrerbietung in devoten Formen gefordert, die 
Gatten der Vornehmen redeten einander in der Regel mit Sie an. 
Was sich einer Familie anschloß, gute Freunde, entferntere Bekannte, 
das erhielt in dem einfachen, oft ärmlichen Leben große Wichtigkeit. Durch 
die Hausfreunde wurde Beförderung, Fürsprache und Begünstigung gesucht 
unb erwartet. Beschützen und Parteinehmen war eine Pflicht. Deshalb 
galten vornehme und einflußreiche Bekanntschaften für ein ausgezeichnetes 
Glück, um das man zu werben hatte; jede Aufmerksamkeit, Gratulation 
an Geburtstagen, das Karmen bei Familienfesten durfte nicht unterlassen 
werden. Durch solche Gunst einzelner suchte man sein Fortkommen in 
der fremden Welt. Die Demut gegen Höhere war groß; einem Gönner 
die Hand zu küssen, galt als guter Ton. Als Graf Schwerin am 11. August 
1741 zu Breslau im Fürstensaal die Eidesleistung abnahm, wollte der 
protestantische Kircheninspektor Burg bei dem Handschlag, den er zu geben 
hatte, dem preußischen Feldmarschall die Hand küssen. Nicht diese Er¬ 
gebenheit ihres ersten Geistlichen war den Breslauern ausfällig, sondern 
daß der Feldmarschall den bürgerlichen Theologen umarmte und kiißte. 
Besonders die Gevatterschaft begründete unter den Bürgern ein näheres 
Verhältnis; der Taufpate war verpflichtet, später um das Fortkommen 
des Täuflings zu sorgen, und dies Pietätsverhältnis bestand bis an sein 
Lebensende. Gern wurde ihm, wenn er vielvermögend war, von den 
Eltern eine entscheidende Stimme über die Zukunft des Kindes eingeräumt, 
es wurde aber auch erwartet, daß er sein Wohlwollen durch seinen letzten 
Willen an den Tag legte. 
102. ^riedrrcks II. Sorge für Schlesien und MeltpreulZen. 
Von 6uTtav freytag. 
Bilder aus der deutschen Vergangenheit. 4. Band. 18. Ausl. Leipzig 1891. 8. 262. 
1. 
ersten dreiundzwanzig Jahre seiner Regierung hatte Friedrich der 
iJ Große gerungen und gekriegt, seine Kraft gegen die Welt durch¬ 
zusetzen; noch dreiundzwanzig Jahre sollte er friedlich über sein Volk 
herrschen als ein weiser und strenger Hausvater. Für alle seine Länder 
sorgte der König, nicht zuletzt für sein Schmerzenskind, das neuerworbene 
Schlesien. Als der König die große Landschaft eroberte, hatte sie wenig 
mehr als eine Million Einwohner. Lebhaft wurde dort der Gegensatz 
empfunden, der zwischen der bequemen österreichischen Wirtschaft und
	        
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