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165 Es habe seiner Krankheit Qual
Art und Gewalt verschiednerlei,
Die auch bisweilen heilbar sei.
Drum hegt er wohl im Herzen leise
Noch Wahn und Hoffen mancherweise
Und dachte doch, daß seine Pein 170
Vielleicht noch möchte heilbar sein.
In dieser Hoffnung reist der arme Heinrich zu einem vielgerühmten Arzt nach
Montpellier, der ihm aber den letzten Trost benimmt und ihn für unheilbar erklärt. Von
dort fährt er nach Salerno, wo ihm ein Arzt volle Gesundheit zusagt für den Fall, daß
eine unschuldige Jungfrau ihr Herzblut für ihn hingebe.
Da sah der arme Heinrich ein,
Es werde ganz unmöglich sein,
Daß jemand den erwürbe,
175 Der gerne für ihn stürbe.
So war ihm denn der Trost benommen,
Um den er war dahin gekommen,
Und blieb ihm von der Stunde an
Keine Hoffnung und kein Wahn,
180 Daß ihm noch könnte Heil erblühn.
Seine Schmerzen, seine Mühn
Wurden ihm so groß und hart,
Daß er schier verzweifelt ward,
Wie er länger sollte leben.
185 Er fuhr nach Haus, um fortzugeben
Sein Erb' und auch sein fahrend Gut,
Wie weiser Rat und eigner Mut
Ihn lehrten, wo zu diesem Ende
Am allerbesten er's verwende.
190 Er reichte mit bescheidnem Sinn
Sein Gut an arme Freunde hin
Und tröstete auch fremde Armen,
Daß Gott sich möchte sein erbarmen
Und schenken seiner Seele Heil;
195 An Kirchen fiel das andre Teil.
Der reiche Herr entäußert' sich
All seines Guts bescheidentlich
Bis auf ein Gereutes;
Dort floh er alle Leute.
200 Diese traurige Geschicht'
Entlockt allein ihm Klagen nicht,
Es klagt um ihn das ganze Land,
Darin sein Schicksal wohlbekannt.
Und auch in fremden Landen sprach
205 Man jammernd von der eklen Schmach.
Der das Gereut besaß zuvor
Und fürderhin auch nicht verlor,
Das war ein freier Bauersmann.
Von solchem Ungemach gewann
210 Der fürwahr nicht eben viel,
Wie's andre Bauern wohl befiel,
Die in so böser Frone stunden.
Daß nimmer Schonung sie gefunden
Mit ihrer Steuer bei dem Herrn.
Was dieser Bauer zollte gern, 215
Das war auch seinem Herrn genug,
Der noch dabei die Sorge trug,
Daß ihm von keiner fremden Macht
Werd' irgend welche Not gebracht.
Im ganzen Lande weit und reich, 220
War diesem wohl kein andrer gleich.
So zog denn in des Bauern Haus
Der arme Heinrich nun hinaus,
Und was er jemals ihm erspart',
Wie wohl das nun vergolten ward, 225
Und wie schön er das genoß!
Weil's gar wenig den verdroß,
Was ihm etwa für Beschwerde
Durch den Gast bereitet werde.
Nein, er ertrug in Treuen gern 230
Die Mühen um den lieben Herrn
Und sorgte nicht um seinetwegen,
Um nur des Herren wohl zu pflegen.
Dem Meier hatte Gott gegeben
Nach seiner Gnad' ein reines Leben; 235
Zur Arbeit stark war ihm der Leib;
Auch hatte er ein tätig Weib
Und Kinder, lieb und schön, daran
Ein Mann sich wohl erfreuen kann;
Und unter dieser Kinderschar, 240
Wie man erzählt, auch eines war,
Ein Mädchen von acht Jahren.
Freundliches Gebaren
Schmückte vor den andern sie.
Die wollte von dem Herren nie 245
Auch weichen nur um einen Fuß.
Um seine Huld und seinen Gruß
Dient' ihm sie allewege
Mit ihrer frommen Pflege.
x) Ein Stück Land, das durch Roden urbar gemacht ist.