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men gewiß durch den Wind dahingekommen. Er trügt den Blumenstaub aus 
einer Blüthe in die andere und macht dadurch die Pflanzen fruchtbar. Er be¬ 
deckt frei daliegende Samenkörner mit Staub und Erde, die dann durch Regen 
oder Thau befeuchtet wird und die Samenkörner zum Keimen bringt. 
54. Der Wind im Dienste der Menschen. 
Der Wind ist nicht blos Gott im großen Haushalt der Natur Unterthan, 
Seine Befehle auszurichten; auch der Mensch, den Gott zum Herrn über die 
Dinge der Erde gesetzt, hat ihn sich zu seinen Zwecken Unterthan gemacht. Er 
benutzt ihn, um seine Schiffe und seine Windmühlen in Bewegung setzen zu 
lassen. Er versieht seine Schiffe mit schwellenden Segeln, in denen er den 
Wind auffängt. Er zwingt ihn, durch die Art der Aufziehung und Vertheilung 
derselben und durch die Bewegung seines Steuerruders, das Schiff zu bewegen 
und dahin zu treiben, wohin er es haben will. Ebenso setzt er dem Winde das 
doppelte Flügelpaar seiner Windmühlen entgegen. Der Wind muß die Flügel 
und die mit ihnen verbundene Welle um ihre Axe herum bewegen, um dadurch 
den Mühlstein in kreisende Bewegung zu setzen und die aufgeschütteten Getreide¬ 
körner zu feinem Mehl zu zermalmen. Ja, der Wind muß ihm, was das Waffer 
naß gemacht hat, wieder trocknen: die Wäsche, die Tücher, das frisch gemachte 
Papier. Auch sein Heu und seine Getreidegarben muß er trocken machen; ja, 
er muß ihm selbst des Feuers Dienste vertreten, um das kostbare Holz zu er¬ 
sparen. Da macht der Mensch ein lustiges, mit Reisigbündeln erfülltes Gerüst 
als Gradirwerk, leitet auf daffelbe schwache Salzsoolen, die, von Reis zu Reis 
herabtröpfelnd, vom Winde berührt, diesem einen großen Theil ihres Waffers 
mittheilen, zu dessen Verdampfung nun kein Feuer, kein Holz mehr nöthig ist. 
55. Die Lust. — Lustarten. 
Die Luft ist das erste Bedürfniß des neugebornen Kindes und das Letzte, 
was der Sterbende von dieser Welt genießt. Wenn Jeremias den von Gott 
gewichenen Juden das kommende Unglück ihres Landes beschreibt, sagt er: „Das 
Wild stehet auf den Hügeln und schnappet nach Luft." (Kap. 14.) Und von 
Pharao heißt es, daß er wieder Luft kriegte (2. Mos. 8.), als die Plage von 
ihm abließ. — Von der Luft leben wir; sie ist ebenso unentbehrlich als Speise 
und Trank. Ist sie nicht von rechter Art, sinken wir kraftlos dahin. — Auch 
das Wort des Menschen ist nur möglich durch sie. Im luftleeren Raume er¬ 
tönt kein Klang. — Darum ist der Erde die Lufthülle (Atmosphäre) als Be¬ 
gleiterin gegeben. 
Die atmosphärische Luft ist kein einfacher Körper, sondern ein Gemenge 
mehrerer Gase (Luftarten). Hauptbestandtheile sind das Stickstoffgas und 
das Sauerstoffgas. 
Das letztere heißt auch Lebenslust, weil es zum Leben der Thiere und 
Pflanzen nothwendig ist. Ohne dasselbe ist kein Athmen möglich. Schon eine 
geringe Abnahme, welche die Luft an Sauerstoff erleidet, macht das Athmen 
beschwerlich, den Körper träge und schwächt die Heiterkeit des Geistes. Daher 
wird dem Menschen unwohl, und zarte Personen werden bald ohnmächtig, 
wenn sic eine Zeit lang in einem verschlossenen Raum sich befinden, wo viele
	        
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