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solonischen Ernst. Über alles, auch über seinen Scherz, weiß er Würde zu 
verbreiten. .. . 
In seiner schweren Geistesarbeit wird Klopstock durch keinen Einbruch, 
keine Überraschung gestört. Ich habe ihn, als er Hermanns Schlacht und 
manche seiner Oden dichtete, zu allen Stunden des Tages und der Nacht 
überfallen. Nie ward er mürrisch; ja es schien, als wenn er sich gern 
durch eine leichtere Unterhaltung erholte. Klopstock ist dunkel, allein grabt 
in der Mine, jo findet ihr Gold. Freilich feilt er so emsig die Sprache, 
schneidet so streng den Überfluß weg, wägt so empfindlich dem Vers und 
dem Inhalt Tonlaut, Zeitmaß und Wortlaut zu, schöpft so anhänglich aus 
der Gegenwart Eindruck, daß es so gemächlich nicht angeht, alle Nuancen 
seiner Darstellung zu haschen. Oft schreibt er nur das letzte Glied einer 
langen Gedankenreihe hin, und man muß mit seines Geistes Sitte vertraut 
sein, wenn man ihm sicher zurückfolgen will. Wer mit ihm gelebt hat, 
versteht ihn leichter, weil man dann mehr als einen Faden hält, der durch 
seine Schöpfungen führt. . . . (Gekürzt.) 
III. Winckelmann und Lessing. (5—10.) 
a) Aus Winckelmann und Lessing Nr. 5—6. b) Über Winckelmann und Lessing Nr.7—10. 
5. Aus Mnckelmmms Geschichte der Kunst des Altertums. (Gekürzt.) 
Das Griechische Schönheitsideal. 
Die Schönheit, der höchste Endzweck und der Mittelpunkt der Kunst, 
ist eines von den großen Geheimnissen der Natur, deren Wirkung wir 
sehen und alle empfinden, von deren Wesen aber ein allgemeiner deutlicher 
Begriff unter die unerfundenen Wahrheiten gehört. Wäre dieser Begriff 
geometrisch deutlich, so würde das Urteil der Menschen über das Schöne 
nicht verschieden sein, und es würde die Überzeugung von der wahren 
Schönheit leicht werden. 
So trügt z. B. die Farbe zur Schönheit bei, aber sie ist nicht die Schön¬ 
heit selbst, sondern erhebt sie nur, so wie der Geschmack des Weines lieb¬ 
licher wird durch dessen Farbe in einem durchsichtigen Glase als in der 
kostbarsten goldenen Schale. Aber nicht sie, sondern die Bildung macht 
das Wesen der Schönheit aus, und über dieses werden sich Sinne, die er¬ 
leuchtet sind, ohne Widerspruch leicht vereinigen. Ein Mohr könnte auch 
schön heißen, wenn seine Gesichtsbildung schön ist, und ein Reisender ver¬ 
sichert, daß der tägliche Umgang mit Mohren das Widrige der Farbe be¬ 
nimmt und, was schön an ihnen ist, offenbart. Es offenbart sich also in 
uns eine Empfindung des Schönen auch in einer ungewöhnlichen Ein¬ 
kleidung desselben und in einer unangenehmen Farbe. Es ist aber auch
	        
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