Full text: Deutsche Lyrik des 19. Jahrhunderts

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Viktor von Scheffel. 
Und stechen mich die Dornen, 
Und wird mir's drauß zu kahl, 
Geb' ich dem Roß die Spornen 
Und reit' ins Neckartal. 
Aus deinem Auge. 
Aus deinem Auge wisch die Trän', 
Sei stolz und laß die Klage; 
Wie dir wird's manchem noch ergehn 
Bis an das End' der Tage. 
Noch manch ein Rätsel ungelöst 
Ragt in die Welt von heute, 
Doch ist dein sterblich Teil verwest, 
So kommen andre Leute. 
Die Falten um die Stirne dein 
Laß sie nur heiter ranken; 
Das sind die Narben, die darein 
Geschlagen die Gedanken. 
Und wird dir auch kein Lorbeerreis 
Als Schnlnck darum geflochten: 
Auch der sei stolz, der sonder Preis 
Des Denkens Kampf gefochten! 
Nordmännerlieö. 
Der Abend kommt und die Herbstluft weht, 
Reiskälte spinnt um die Tannen, 
O Kreuz und Buch und Mönchsgebet — 
Wir müssen alle von dannen. 
Die Heimat wird dämmernd und dunkel und alt, 
Trub rinnen die heiligen Quellen: 
Du götterumschwebter, du grünender Wald, 
Schon blitzt die Axt, dich zu füllen! 
Und wir ziehen stumm, ein geschlagen Heer, 
Erloschen sind unsere Sterne — 
O Island, du eisiger Fels im Meer, 
Steig auf aus nächtiger Ferne.
	        
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