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B) Mittelhochdeutsche Denkmäler. 
I. Vorbereitungszeit: Spielmannsdichtungen. 
1. Das Ateranderlied des Pfaffen Lmnprecht (um 1125). 
Ottmann, Das Alexanderlied, ins Neuhochdeutsche übertragen. Halle, Hendel. Jl 1.75. 
sAlerander und die Älumengrlster.s 
(bog?) Als wir zogen an dem Meere, 
da ritt ich weg von meinem Heere 
mit dreitausend meiner Mannen. 
Da huben wir uns nun von dannen, 
5 um nach Wundern auszuspähn. 
Da konnten wir von ferne sehn 
einen schönen, großen Wald. 
Die Wunder waren mannigfalt, 
wie wir sie allhier vernahmen 
io Als wir nämlich näher kamen, 
hörten wir mit Wohlgefallen 
darinnen schöne Stimmen schallen, 
Lyrenton und Harfenklang 
und den süßesten Gesang, 
i5 der nur jemals ward erdacht. 
Was je dem Ohr ward zugebracht, 
ist diesem Sange nicht vergleichlich. 
Kühler Schatten überreichlich 
war zur Erde hingegossen, 
so wo grünes Gras und Blumen sprossen 
und Würzekrüuter allerart. 
Noch ward in keinein Wald gewahrt 
so mannigfache Herrlichkeit. 
Er dehnte sich gar lang und breit. 
25 Eben diese Waldung lag, 
wie ich euch vermelden mag, 
rings umgrünt von schönen Auen. 
Hier nun sollten wir erschauen 
in großer Zahl viel edle Bronnen: 
30 die kamen aus dem Wald geronnen, 
erquickend kühl und völlig klar. 
Ich und meine Heldenschar 
fanden Wundersames da, 
was zur Freude uns geschah. 
35 Das soll euch nicht verschwiegen bleiben; 
ich will es fleißig euch beschreiben. 
Der Wald voll lieblichem Getön 
war über alle Maßen schön. 
Es schien uns allen ein Getrüume. 
Gewaltig reckten sich die Bäume, io 
die Zweige waren breit und dicht; 
ich gebe treulichen Bericht. 
Das war gar reiche Erdenwonne. 
Da vermochte nicht die Sonne 
durchs Gezweig hindurch zu scheinen. 45 
Ich und ebenso die Meinen, 
wir ließen unsre Rosse stehn 
und eilten, in den Wald zu gehn 
ob dem wonniglichen Sang. 
Die Weile deuchte uns gar lang, 50 
bis zum rechten Ort wir kamen 
und nun schauten und vernahmen, 
was völlig einem Wunder glich. 
Biel schöne Mädchen minniglich 
wurden hier von uns gefunden; 55 
die spielten da zu diesen Stunden 
im grünen Klee nah und fern, 
hunderttausend gut und gern. 
Sie vergnügten sich und sprangen. 
Hei! wie sie so wonnig sangen, eo 
daß ohne Unterschied wir alle 
bei dem wundersüßen Schalle, 
der uns in dem Wald erfreute, 
ich und meine kühnen Leute, 
unser Herzeleid vergaßen 65 
und die Arbeit ohnemaßen 
und das schwere Ungemach, 
das uns drückte mannigfach. 
Uns allen ward es leichtlich klar, 
was gar nicht zu verwundern war, 70 
es sei für unser ganzes Leben 
zur Genüge uns gegeben 
Lust und wonniglicher Glanz. 
Angst und Leid vergaß ich ganz,
	        
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