18 
i65 daß ich mit meiner Heldenschar 
in dem grünen Walde war 
nahe bei den schönen Auen 
zusammen mit den lieben Frauen 
und mir froh mit ihnen lebten 
i70 und in Lust und Wonne schwebten. 
Doch großes Leid geschah uns dann, 
was nie genug ich klagen kann. 
Da die Zeit nun ging zum Ziel, 
war vorbei das frohe Spiel: 
17b die Blumen völliglich verdarben, 
und die schönen Frauen starben; 
all ihr Laub die Bäume ließen. 
die Quellen in dem Wald ihr Fließen 
und die Vogelschar das Singen. 
Da begann auch mir zu zwingen wo 
Freudelosigkeit das Herz 
mit gar mannigfachem Schmerz. 
Schrecklich war der Jammer da, 
den ich alle Tage sah, 
an den minniglichen Frauen. m 
Weh mir, daß ich mußte schauen, 
wie sie allesamt erstarben 
und die Blumen mit verdarben. 
Da schied in Trauer ich von dannen, 
ich und alle meine Mannen. . wo 
2. Das Ralandslied des Pfaffen Gonrad (um 1140). 
Ottmann, Das Rolandslied. Reclam 2745—2748. 
sRolands Tod.j 
677i . . Gen Hifpanien hingelenkt, 
vorn Schlachtfeld fern, in sich versenkt 
saß Roland unter einem Baum: 
da träumte er den Todestraum. 
5 Die Sehnen seiner Hand umspannten 
noch den guten Olifanten; 
die Rechte Durendarten faßte. 
Ein Heide sah ihn, wie er blaßte. 
Ganz mit Blu^ bestrich er sich, - 
io zum Sterbenden er heimlich schlich. 
Da mochte wohl der Heide meinen: 
unter diesen vieren Steinen 
erstirbt der starke Roland; 
da nehme ich sein Schwert zur Hand 
i5 und Olifanten allzugleich; 
so künde ich im Heidenreich, 
daß wir den Sieg davongetragen, 
und Roland sei von mir erschlagen, 
daß froh ob dieser Meldung werde 
20 allwärts die arabische Erde. — 
Roland war fernab geirrt, 
soweit der Pfeil vom Bogen schwirrt; 
er saß da unter Marmelsteinen. 
Da mochte es dem Heiden scheinen, 
25 Roland wäre nicht mehr lebend. 
Der saß, kein Lebenszeichen gebend, 
bis jener nah ihm kam von vorn. 
Auszückte da der Held das Horn, 
er schlug ihn aus den Helm so gut, 
daß das warme Lebensblut 30 
dem Heiden spritzte aus den Augen. 
Er sprach: „Es mochte dir nicht taugen, 
daß du kamst, um mich bekümmert! 
Olifant ist nun zertrümmert." 
Da erzürnte er viel sehr; 35 
er sprach zu Durendart nunmehr: 
„Run nimmer ich dich tragen soll, 
wirst keinem du mehr unheilvoll!" 
Hochauf sein gutes Schwert er schwang, 
daß es ins Gesteine drang; 40 
doch Versehrte nichts den Stahl. 
Wieder schlug er es zutal 
in den Stein mit beiden Händen. 
Er begann das Schwert zu wenden. 
Zehnmal hieb er drein zur Stund, 45 
sprach: „Lägst du auf des Meeres Grund, 
daß nimmer einem Christenmann 
dein Gebaren schaden kann! 
Soll dich je ein Heide tragen, 
das müßte Gott ich ewig klagen." 50 
Grimmerfüllt er wieder hieb; 
doch ohne Mal und Scharte blieb 
von dem Schlag die Klinge hart. 
Sprach er dann zu Durendart:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.