Full text: Auswahl deutscher Dichtungen von dem Nibelungenliede bis zur Gegenwart (Abtheilung 1)

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Mein Herz wird mir so munter, 
Er muß mein Liebster sein!““ 
Da lehnt sie sich hinunter 
Und stürzet in den Rhein— 
Wer hat dies Lied gesnngen? 
Ein Schiffer auf dem Rhein,. 
Und immer hat's geklungen 
Von dem Dreiritterstein: 
Die Ritter mußten sterben, Lore⸗Lei 
Sie konnten nicht hinab, Lore⸗Lei 
Sie mußten all' verderben, Lore⸗Lei, 
Ohn' Priester und ohn' Grab. Als wären es meiner drei. 
Ludwig Achim von Arnim. 
(1781 - 1831.) 
Der kranke Knabe. 
Es sonnte sich ein kranker Knabe Jetzt hat der Schlaf ihn fest umfangen, 
Auf seiner armen Mutter Gruft, Da nimmt die Mutter seine Hand, 
Da fasset ihn der Ahndung Gabe, Da sieht er all' was ihm vergangen, 
Er wittert einer Blume Duft, Und keine Zukunft er drin fand: 
Die ferne schwebte in dem Meere, O Liebe, wo du gegenwärtig, 
Weit an dem Ende aller Welt, Da ist das eigne Leben aus, 
In die aus hoher luft'ger Leere Die Seele ist dann reisefertig, 
Die Sonne wie ein Same fällt. Du trägst sie in ein andres Haus. 
Es glüht auf seiner blassen Wange „O Mutter Erde, laß dich grüßen, 
Nun eine Röthe wunderbar, Du trugst mich treu in stiller Qual, 
Es schwebt sein Ohr in tiefem Klange, Laß deine kühlen Lippen küssen, 
Es wird sein Auge ihm so klar, Hast andre Kinder ohne Zahl. 
Es glänzt auf seinem stillen Herzen Doch ich gehör' dem Vaterlande, 
Ein Regenbogen wie ein Strauß, Dem Vater in dem Himmelreich; 
Der hat verkündet seine Schmerzen Es lösen sich die alten Bande, 
Hoch in des Himmels sel'gem Haus. Zum letzten Mal die Hand mir reich'.“ 
Dem Himmel hat er ihn verbunden, Er kann sich selber nicht begreifen, 
Zeigt ihm das offne Himmelsthor, Es wird ihm wohl, so auf einmal. 
Er schauet nun in Schmerzensstunden, Da sieht er dann die Engel schweifen 
Was Lust ihm nie gezeigt zuvor; Auf seines Thräuenbogens Strahl, 
Wie kann er nun die Welt verschmerzen, Wie sie die buͤnten Flügel schlagen, 
Ihm ist verschwunden aller Graus, Daß jede Farbe klingt im Glanz, 
Sein Herz, gebrochen einst in Schmerzen, Er fühlt von ihnen sich getragen, 
Sieht froh die Witterung voraus. Den Fuß bewegt in ihrem Tanz. 
Er sieht voraus die Liebestage, Was ihm das Herz sonst abgestoßen, 
Wo Hand in Hand sich gern ergeht, Das singt er jetzt mit kaltem Blut, 
Manch Mädchen zeigt die Hand zur Frage, Sein Blut hat sich in Lieb' ergossen, 
Weil er die Linien jetzt versteht; Und seine Furcht beschränkt den Muth. 
Des Knaben Ruf ist weit erscholl.n Wo sich das Auge sonst geschlossen, 
Denn jeder frägt nach Witterung, Da hebt es nun den Blick von hier. 
Die Alten, weil sie ernten wollen, Er ruft: „Der Himmel ist erschlossen, 
Und, weil sie lieben, die noch jung. Ich fürchte mich nicht mehr vor mir.“
	        
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