Figuren erscheinen schlank nnb anmutig gegenüber den feierlich-ernsten
Darstellungen des romanischen Stils. Die innige Frömmigkeit und die
begeisterte Hingabe für Religion und Glauben, Züge, die dem ausgehen-
den Mittelalter eigen sind, sprechen sich in den gotischen Bildwerken recht
deutlich aus. Erwähnt seien nur die Portalfiguren am Straß-
burger Münster, die Apostelsigureu im Kölner Dom und das
Grabdenkmal Günters von Schwarzburg im Dome zu Frank-
fnrt a. M.
Die Bauleute und Steinmetzen taten sich wie die anderen Hand-
werker in Zünften, den Bauhütten, zusammen, sorgten für eine tüch¬
tige Ausbildung ihrer Lehrlinge und Gesellen und wachten ängstlich über
ihre Kunstgeheimnisse.
Frankreich und England im 12. und 13. Jahrhundert.
a. Fraukreich.
Das Haus der Karolinger, das in Deutschland im Jahre 911
ausstarb, regierte in Frankreich bis zum Jahre 987. Unter den schwachen
Herrschern gelang es den Normannen, sich an der unteren Seine fest-
zusetzen (Normandie).
Nach dem Aussterben der westfränkischen Karolinger begann mit
der Thronbesteigung Hugo Capets die Herrschast der Capetinger,
die über 300 * Jahre ununterbrochen regierten. Die Entwicklung des
französischen Königtums nahm einen entgegengesetzten Verlauf wie die
des deutschen. Die Capetinger unterdrückten allmählich die Macht der
großen Vasallen, setzten die Erblichkeit der Krone durch und gaben weder
ihr Eigengut, noch das Krongut aus der Hand. In den Albigenser-
kriegen gewannen sie an den aufblühenden Städten einen kräftigen Rück-
halt. Ludwig VII. beteiligte sich mit Konrad III. an dem erfolg¬
losen zweiten Krenzznge, Philipp August mit Friedrich I. an dem
dritten; im Kampfe mit Johann ohne Land von England
gelang es ihm, fast alle englischen Besitzungen sür Frankreich zurück-
zuerobern (Schlacht bei Bonvines). Im Kampse Friedrichs II. mit den
Päpsten begann Frankreichs Ansehen und Einfluß auf Kosten Deutsch-
lauds zu wachsen. Ludwig IX., der Heilige, unternahm zwei Kreuz-
züge, regelte die Abgaben, die Zölle und das Münzwesen und förderte
Handel und Gewerbe, wodurch die Entwicklung der Städte begünstigt
und das Königtum immer tiefere Wurzeln im Herzen des französischen
Volkes schlug. Ein Parlament, ein oberster Gerichtshof, forgte für
eine geordnete Rechtspflege. Philipp IV., der Schöne, bewirkte, daß