indem sie das von den Römern aufgegebene Dacien besetzten und
von hier aus ihre Herrschaft im Norden und Osten ausdehnten.
§ 6. Knttur der alten Deutschen.
Aie Religion der alten Deutschen war ursprünglich auf die
Verehrung eines höchsten Wesens beschränkt. Die Vielheit der
Götter entstand erst später durch die Verbindung des Gottesdienstes
verschiedener Völkerstämme, die ihre eigentümlich ausgebildeten Vor¬
stellungen von dem höchsten Wesen nicht aufgeben wollten. Der
höchste Gott war Wu'otan, Wodan, Odin, der Schlachten¬
herrscher, welcher die in der Schlacht Gefallenen in seiner himmlischen
Halle, Walhalla, empfing. Als Gott des Lichtes und des Geistes
ist Wuotan auch Erfinder der Runen (Schriftzeichen), sowie aller
Künste uud Wissenschaften. Dem Wuotan zunächst staub der Donner¬
gott Donar, Thorr. Der Gott des Krieges war Zio (wie Zeus
aus dem sauskr. djaus = Himmel) oder Tyr, auch Ermiu,
Ear genannt. Die nordische Mythologie kennt nod) den Gott der
Dichtkunst Braga und den Gott der Sommersonnenwende Balder.
Weibliche Gottheiten waren: Hulda, des Wuotan Gemahlin,
Fron wo, Freyja, Frea, die besrnd)tende Witterung, N e r t h n s,
die Erdmutter, Ea^stre oder O^stara, eine Göttin des Lichtes,
Hela, die Göttin des Todes. Auch jungfräuliche Gottheiten finden
sich in der Religion der Deutschen, die Walkyren oder Sch lad)t-
jungsrauen und die drei Nor neu, welche den Lebensfaden der
Menschen spannen. Dem Wuotan war der Mittwoch (Guustag),
dem Donar der Donnerstag, dem Zio oder Tyr der Dienstag
(Ziestak, Distag, Ertag), der Freyja der Freitag geweiht.
Zwischen den Göttern und Menschen standen vier Arten voll
Mittelwesen: Die Riefen, die Repräsentanten der rohen stnulid)en
Gewalt, die Zwerge, winzige Wesen, weld)e im Sd)oße der Erde
wirkten (bie Kobolde, von xößalos — Schalk, waren fleißige
Hausgeister)^ bie Nixen (nix, neck, nichus), neckeube Wassergeister,
bie Elben (von albus — licht, also: lichte Geister), bie Repräsen¬
tanten der wolthätigen 'Naturkräfte. Die Priester hatten großeil
Einfluß, Orakel waren sehr gesucht (A l r a u u e n — die Seherinnen
oder die Alles Wissenden, von all und runa d. i. Geheimniß oder
von rounen, raunen d. i. zumurmeln). Der Götterdieilst wurde
anfangs nicht in Tempeln, sondern im Freien gefeiert. Die Opfer,
teils Dank- teils Sühnopfer, bestanden sowol in Menschenopfern
als in Thieropsern. Die den Deutschen eigentümlid)e hohe Achtung
gegen die Frauen schrieb diesen die Gabe der Weissagung zu, daher
der Name weise Frauen.
Mit dem Beginne des vierten Jahrhunderts zeigen sich bei den
Deutschen die ersten Spuren des Christentums. Auf dem Kon¬
zilium zu Nicäa (325) erscheint ein gotischer Bifchof, Theo'phi
lns, dessen Nachfolger 11/lfilas die Bibel ins Gotische übersetzte