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Für jetzt wissen wir noch nicht einmal, ob nur die graue, oder ob auch 
die weiße Gehirnsubstanz denkt, und ob einem bestimmten Seelenzustand 
eine bestimmte Lage oder eine bestimmte Bewegung von Hirnatomen oder 
-Molekeln entspricht. 
Was nun aber die geistigen Vorgänge selber betrifft, so zeigt sich, 
daß sie bei astronomischer Kenntnis des Seelenorgans uns ganz ebenso 
unbegreiflich wären wie jetzt. Im Besitze dieser Kenntnis ständen wir 
vor ihnen, wie heute, als vor einem völlig Unvermittelten. Die astrono¬ 
mische Kenntnis des Gehirns, die höchste, die wir davon erlangen können, 
enthüllt uns darin nichts als bewegte Materie. Durch keine zu ersinnende 
Anordnung oder Bewegung materieller Teilchen aber läßt sich eine Brücke 
ins Reich des Bewußtseins schlagen. 
Bewegung kann nur Bewegung erzeugen oder in potentielle Energie 
zurück sich verwandeln. Potentielle Energie kann nur Bewegung er¬ 
zeugen, statisches Gleichgewicht erhalten, Druck oder Zug üben. Die 
Summe der Energie bleibt dabei stets dieselbe. Mehr, als dies Gesetz 
bestimmt, kann in der Körperwelt nicht geschehen, auch nicht weniger; 
die mechanische Ursache geht rein auf in der mechanischen Wirkung. Die 
neben den materiellen Vorgängen im Gehirn einhcrgehenden geistigen 
Vorgänge entbehren also für unseren Verstand des zureichenden Grundes. 
Sie stehen außerhalb des Kausalgesetzes, und schon darum sind sie nicht 
zu verstehen, so wenig wie ein kerxetuum mobile es wäre. Aber auch 
sonst sind sie unbegreiflich. 
Es scheint zwar bei oberflächlicher Betrachtung, als könnten durch 
die Kenntnis der materiellen Vorgänge im Gehirn gewisse geistige Vor¬ 
gänge und Anlagen uns verständlich werden. Ich rechne dahin das Ge¬ 
dächtnis, den Fluß und die Assoziation der Vorstellungen, die Folgen der 
Übung, die spezifischen Talente u. dgl. mehr. Das geringste Nachdenken 
lehrt, daß dies Täuschung ist. Nilr über gewisse innere Bedingungen des 
Geisteslebens, welche mit den äußeren durch die Sinneseindrücke gesetzten 
etwa gleichbedeutend sind, würden wir unterrichtet sein, nicht über das 
Zustandekommen des Geisteslebens durch diese Bedingungen. 
Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen 
bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andrerseits den für mich 
ursprünglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Tatsachen: 
„Ich fühle Schmerz, fühle Lust, fühle warm, fühle kalt; ich schmecke 
Süßes, rieche Nosenduft, höre Orgeltou, sehe Rot" und der ebenso un¬ 
mittelbar daraus fließenden Gewißheit: „Also bin ich"? Es ist eben 
durchaus und für immer unbegreiflich, daß es einer Anzahl von Kohlen¬ 
stoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- usw. Atomen nicht sollte gleich¬ 
gültig sein, wie sie liegen und sich bewegen werden. Es ist in keiner 
Weise einzusehen, wie aus ihrem Zusammenwirken Bewußtsein entstehen
	        
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