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erworben hatte. Das Reich war in zwei Arten von Provinzen geteilt: 
die inneren friedlichen waren dein Senat anheimgegeben; diejenigen, in 
denen die letzten Kriege geführt worden waren, die beiden Gallien in 
weitester Ausdehnung, Hispanicn, im Orient Syrien nnd seine Nachbar¬ 
länder, waren dem Cäsar vorbehalten: in diesen gab es eine bewaffnete 
Macht. Brauchte der Senat solche, so mußte er auf die nächsten Befehls¬ 
haber der Truppen des Kaisers rekurrieren. Die cäsarianischen Provinzen 
bildeten eine militärische und administrative Monarchie in ihrem vollen 
Sinne. Selbst wenn ein früher unabhängiger Vorsteher jetzt unterworfener 
Länder mit der obersten Verwaltung betraut wurde, hing derselbe nur 
von dem Imperator ab. Und niemals konnte sich Italien oder gar die 
Hauptstadt gegen ihn aufzulehnen wagen. Er besaß den Oberbefehl zur 
See wie zu Lande. In Misenum auf der einen und Ravenna auf der 
anderen Seite der Küste wurden Kriegshüfen errichtet und mit Flotten 
belegt, die nur von dem Cäsar abhingen. Indem er die See beherrschte, 
also auch die Zufuhr, bekam er die Versorgung der Hauptstadt mit 
Lebensmitteln, die eine der wichtigsten Pflichten der öffentlichen Gewalt 
bildete, vollkommen in seine Hände. Darin bestand fast das wichtigste 
Attribut Roms als der Kapitale der Welt, daß die Provinzen in einer 
oder der anderen Weise zur Ernährung der städtischen Bevölkerung her¬ 
beigezogen wurden. Schon von jeher hatte man hiefür besondere Magistrate 
aufgestellt, aber immer schwieriger wurde das Geschäft durch die Zunahme 
der Bürger: sie hat in noch nicht fünfzig Jahren vom Jahre 70—28 
vor unserer Ära ein gutes Drittel betragen. In allen Wechsclfällen der 
Bürgerkriege hat der jeweilige Mangel an Lebensmitteln eine Rolle ge¬ 
spielt; die Machtstellung des Sextus Pompejus beruhte darauf. Diese 
Versorgung nahm nun Augustus, dem die Provinzen gehörten, aus denen 
sie bestritten wurde, unmittelbar in die Hand. An dem Amt, das man 
mit dem Worte cura annonse bezeichnete, hatten anfangs einige Sena¬ 
toren Anteil, später aber blieb es ausschließend bei dem Imperator. 
Der Vorsteher dieses Amtes, prsokeetus annonae, stand mit allen denen 
in Verbindung, die für den Lebensunterhalt zu sorgen hatten, auch mit 
den kleinen Handwerkern. Sehr wahr ist, was Tacitus sagt, Augustus 
habe das Heer durch seine Geschenke, die Hauptstadt durch die annona 
beherrscht. Die militärische Verfassung übte aber auch einen direkten Ein¬ 
fluß aus die Hauptstadt aus. Die prokonsulare Gewalt hatte bisher das 
Pomörium der Stadt von den Provinzen her nicht überschreiten dürfen; 
jetzt nahm sie in der Mitte derselben eine feste Stellung ein. Ein Prä- 
torium ward innerhalb ihrer Mauern errichtet, aus welchem nach und 
nach die herrschende Klaffe der Prätorianer, die anfangs alle Italiker 
waren, hervorgegangen ist. Unter Augustus ist nur der Grund dazu gelegt 
worden; aber der Gedanke ist doch immer der seine. Diese Alleinherrschaft
	        
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