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europäischen Fürsten in eine nähere Verbindung. So blieb
Rußland, bis Peter, ein Czar aus dem Hause Romanow, das
mit dem früheren Negentenhause Rurik verwandt war, mit
unumschränkter erblicher Gewalt den Thron bestieg und nun¬
mehr europäische Bildung und Gesittung einheimisch machte.
Unter ihm wurde Rußland eine europäische Großmacht.
Peter war der jüngste von drei Söhnen, die der Czar
Alerei hintcrließ. Der älteste, Fcodor, starb schon 1682 und
hatte, da er selbst keinen Erben hinterließ, auf dem Todesbctte
seinen unmündigen, aber talentvollen Halbbruder Peter, mit
Ausschließung seines schwächlichen Bruders Iwan, zu seinem
Nachfolger und dessen Mutter Natalie zur Ncgentin während
seiner Minderjährigkeit ernannt. Hierüber war Peter's Halb¬
schwester, Sophie, höchst erbittert; denn sie war äußerst
herrschsüchtig und hatte nichts sehnlicher gewünscht, als daß
ihr vollbürtiger Bruder, der schwache Iwan, auf den Thron
erhoben würde, um alsdann in seinem Namen regieren zu kön¬
nen. In ihrer Hoffnung getäuscht, brütete sie furchtbare Rache.
Sie wiegelte die Strielzi oder Strelitz en, die Leibwache
der Czaren, unter dem Vorwände auf, Nataliens Verwandte
hätten den rechtmäßigen Thronerben Iwan ermordet, und ver-
anlaßte so am 15. Mai 1682 zu Moskau eine schreckliche
Empörung. Der Haufe der wilden Strelitzcn wälzte sich to¬
bend und lärmend nach dem Palaste, umringte ihn und schrie
unaufhörlich: „Heraus mit den Verräthern! heraus mit Jwan's
Mördern!" Man antwortete: „Er lebt ja noch!" — „So zeigt
ihn uns!" riefen sie, und als man ihnen den Prinzen vor¬
führte, erscholl der tausendfache Ruf: „Du bist unser Czar,
und sterben müssen Alle, die dir nach dem Leben trachten!"
Mit diesen Worten fielen sie wüthend über Nataliens Ver^
wandte und Näthe her und ermordeten sie. Nachdem die Rache
gestillt war, wälzte sich der Mörderhaufe wieder nach dem
Palaste und schrie: „Nun sind wir zufrieden! Gott erhalte
unfern Czar Iwan!" — „Gut," sagte dieser, „ich will euer
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