Full text: Deutsche Dichtung in der Neuzeit (Abt. 2)

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Der oft vom Wiederschein blitzt. Wie wenn der Rachen des Ätna 
Mit ängstlich wildem Geschrei, daß Meer und Klippen es hören, 
Umlegne Dörfer und Städte, vom untern Donner zerrüttet, 
Mit Schrecken und Tod überspeit und einer flammenden Sündslnt. — 
Wohin verführt mich der Schmerz? Weicht all ihr traurigen Bilder! 
Komm, Muse, laß uns die Wohnung und häusliche Wirtschaft des Landmanns 
Und Viehzucht und Gärten betrachten! Hier steigt kein Marmor aus Bergen 
Und zeiget Kämpfer; kein Taxus spitzt sich vor Schlössern; kein Wasser 
Folgt hier dem Zuruf der Kunst. Ein Baum, worunter sein Ahnherr 
80. Drei Alter durchlebte, beschattet ein Haus, von Reben unckrochen, 
Durch Dorn und Hecken beschützt. Ein Teich glänzt mitten im Hofe, 
Mit grünem Floßkrant bestreut, wodurch aus scheinbarer Tiefe 
Des Himmels Ebenbild blinkt. Er wimmelt von zahmen Bewohnern; 
Die Henne jammert ums Ufer und ruft die gleitenden Entchen, 
Die sie gebrütet; sie fliehn der Stiefmutter Stimme, durchplätschern 
Die Flut und nagen am Schilf. Mit vorgebogenen Hälsen 
Und zischend treiben die Gänse fern von der Lustbahn der Jungen 
Den zottigen Hofhund. Dann spielen die haarigen Kinder, sie tauchen 
Den Kopf ins Wasser und hängen mit rudernden Füßen 
90. Im Gleichgewichte. Dort läuft ein kleines, geschäftiges Mädchen, 
Sein buntes Körbchen am Arm, verfolgt von weiterschreitenden Hühnern. 
Nun steht es und täuscht sie leichtfertig mit eitelem Wurfe, begießt sie 
Nun plötzlich mit goldenem Korn und sieht sie sich zanken und picken. 
Dort lauscht das weiße Kaninchen in dunkler Höhle und drehet 
Die roten Augen umher, springt endlich furchtsam znm Zaune 
Und reißt an ständigen Pappeln. Aus seinem Gezelte geht lachend 
Das gelbe Täubchen und kratzt mit rötlichen Füßen den Nacken 
Und fliegt zum Liebling aufs Dach. Er zürnt ob dessen Verweilen 
Und dreht sich um sich und schilt; bald rührt ihn das Schmeicheln der Schönen, 
100. Viele Küsse werden verschwendet, bis sie mit schnellem Gefieder 
Die Lust durchlispeln und aufwärts sich zu Gespielen gesellen, 
Die blitzend im Sonnenglanz schwärmen. — 
Von blühenden Fruchtbäumen schimmert 
Der Garten, die kreuzende Gänge mit roter Dunkelheit füllen; 
Und Zephyr gaukelt umher, treibt Wolken von Blüten zur Höhe, 
Die sich ergießen und regnen. Zwar hat hier Wollust und Hochmut 
Nicht Nahrung von Mohren entlehnt und sie gepslanzet; nicht Myrten, 
Nicht Aloen blicken durch Fenster. Das nützliche Schöne vergnüget 
Den Landmann und etwa ein Kranz. Durch lange Gewölbe von Nußstrauch, 
Zeigt sich voll lausender Wolken der Himmel und ferne Gefilde 
110. Voll See'n und buschige Thäler, umringt mit blauen Gebirgen. 
Die Fürstin der Blumen, die Lilie, erhebt die Krone zur Seite 
Hoch über streifige Tulpen. O Tulipane, wer hat dir 
Mit allen Farben der Sonne den offnen Busen gefüllet? 
Ich grüßte dich Fürstin der Blumen, wenn nicht die göttliche Rose 
Die tausendblättrige schöne Gestalt, die Farbe der Liebe, 
Den hohen bedorneten Thron und den ewigen Wohlgeruch hätte. 
Die holde Maiblume drängt die Silberglöckchen durch Blätter;
	        
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