Friedrich Gottlieb Klopstock 
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8. Die Sommernacht (1766). 
Wenn der Schimmer von dem Monde 
nun herab 
in die Wälder sich ergießt und Gerüche 
mit den Düften von der Linde 
in den Kühlungen wehn, 
5 So umschatten mich Gedanken an das 
Grab 
der Geliebten, und ich seh' in dem Walde 
nur es dämmern, und es weht mir 
von der Blüte nicht her. 
Ich genoß einst, o ihr Toten, es mit 
euch! 
io Wie umwehten uns der Duft und die 
Kühlung; 
wie verschönt warst von dem Monde 
du, o schöne Natur! 
9. Vaterlandslied (1770). 
Zum Singen für Johanna Elisabeth von 
Winthem. 
Ich bin ein deutsches Mädchen! 
Mein Aug' ist blau und sanft mein Blick; 
ich hab' ein Herz, 
das edel ist und stolz und gut. 
5 Ich bin ein deutsches Mädchen! 
Zorn blickt mein blaues Aug' auf den, 
es haßt mein Herz 
den, der sein Vaterland verkennt. 
Ich bin ein deutsches Mädchen! 
io Erköre mir kein ander Land 
zum Vaterland, 
wär' mir auch frei die große Wahl. 
Ich bin ein deutsches Mädchen! 
Mein hohes Auge blickt auch Spott, 
i5 blickt Spott auf den, 
der Säumens macht bei dieser Wahl. 
Du bist kein deutscher Jüngling! 
Bist dieses lauen Säumens wert, 
des Vaterlands 
nicht wert, wenn du's nicht liebst wie ich. 20 
Du bist kein deutscher Jüngling! 
Mein ganzes Herz verachtet dich, 
der's Vaterland 
verkennt, dich Fremdling und dich Tor! 
Ich bin ein deutsches Mädchen! 25 
Mein gutes, edles, stolzes Herz 
schlügt laut empor 
beim süßen Namen: Vaterland! 
So schlägt mir's einst beim Namen 
des Jünglings nur, der stolz wie ich 30 
aufs Vaterland 
gut, edel ist, ein Deutscher ist! 
10. An Freund und Feind (1781). 
Weiter hinab wallet mein Fuß, und 
der Stab wird 
mir nicht allein von dem Staube, den der 
Weg stäubt, 
wird dem Wanderer auch von Asche 
näherer Toter bewölkt. 
Schön wird mein Blick dort es gewahr. 
O der Aussicht 5 
drüben! Da strahlt's von dem Frühling, 
der uns ewig 
blüht und duftet und weht. O Pfad, wo 
Staub nicht und Asche bewölkt! 
Aber sondern muß ich mich, trennen mich, 
muß von den Freunden 
scheiden. Du bist ein tiefer, bitterer Kelch! 10 
Ach, tränk' ich dich nicht bei Tropfen, 
leert' ich mit einem Zuge dich aus, 
Ungestüm aus, wie, wer Durst lechzt, 
schnell sich erkühlt, sich erlabet an dem 
Labsal! —
	        
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