Object: Handbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preußischen Geschichte

— 85 — 
mir und dem Lande meinte. Meiner Meinung nach mußten Sie strenge 
sein, und jene Tage in Küstrin sind mir von großem Segen gewesen. In der 
Jugend hatten Eitelkeit und böse Neigungen die Herrschaft über mich gewonnen, 
und Sie glaubten, daß ich des preußischen Thrones nicht würdig wäre. 
Aber fürchten Sie nichts; ich werde mich als Sohn und Nachfolger Ihrer 
würdig zeigen, so wahr mir Gott helfe." Ein Strahl der Freude ver- 
klärte das Angesicht des Königs, indem er sagte: „Mit diesem Bekenntnis 
nimmst du mir, mein lieber Fritz, die letzte Sorge vom Herzen. Gott 
thut mir viel Gnade, daß er mir einen so braven Sohn gegeben hat." 
Am 31. Mai 1740 starb der König, und Friedrich, erst 28 Jahre alt, 
bestieg den Thron. Aus einer harten Jugend- und Lehrzeit ging er als 
großer König und Kriegsheld hervor, als welchen wir ihn nunmehr kennen 
lernen. 
2. Die Ursache des Krieges. — Friedrich II. begann die Regierung 
mit dem Gedanken, seinem Staate Ansehen zu verschassen und ihn in die 
Reihe der Großmächte Europas einzuführen. „Pro gloria et patriae 
d. i. „Für Ruhm und Vaterland!" war daher sein Wahlspruch, den er 
auch auf die Fahnen der preußischen Truppen setzen ließ. Das Ziel, welches 
Friedrich sich gesteckt hatte, konnte nur durch Krieg und Sieg erreicht werden. 
Und zum Kriege fehlte es nicht an Ursache. Als Friedrich einige Zeit1 
König war, starb in Österreich der deutsche Kaiser Karl VI., ohne männ¬ 
liche Nachkommen zu hinterlassen. Seine Tochter Maria Theresia^ folgte 
ihm in der Regierung; aber ihre nächsten Verwandten^ machten ihr das Erbrecht 
streitig. Auch Friedrich forderte von ihr ein Gebiet, nämlich das Herzogtum 
Schlesien, auf welches er berechtigte Ansprüche hatte. Denn einer seiner 
Vorfahren, der Kurfürst Joachim II., hatte im Jahre 1537 mit dem 
Herzog von Liegnitz, Brieg und Wohlau einen Vertrag geschlossen, nach 
welchem Schlesien an Brandenburg fallen sollte, wenn der herzogliche 
Mannesstamm erlosch. Als aber im Jahre 1675, da der große Kursürst 
gegen die Schweden im Felde stand, der letzte Herzog von Schlesien ohne 
männliche Erben starb, nahm der Kaiser das Land in Besitz, ohne auf den 
Einspruch des Kurfürsten zu achten.4 Friedrich hielt bei dem Tode Karls VI. 
den günstigen Zeitpunkt für gekommen, Schlesien zu erwerben; denn er 
durfte hoffen, daß die bedrängte Kaiserin seinen gerechten Forderungen ent- 
sprechen werde, um nicht die Zahl ihrer Feinde zu vermehren. Er ließ 
daher in Wien anfragen, ob man ihm Schlesien geben wolle. Zutreffenden¬ 
falls erklärte er sich bereit, Maria Theresia gegen alle ihre Feinde beizn- 
stehen, 6 Miß. Jk zn zahlen und die Wahl ihres Gemahls zum deutschen 
Kaiser zu unterstützen. Aber Friedrichs Vorstellungen und Forderungen 
fanden kein Gehör. Da Maria Theresia Schlesien nicht gutwillig herausgeben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.