Full text: Für Ober-Sekunda und Prima (Prosah. 7)

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Prosaheft VII. 
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der Hölle Wirft der Inbegriff der Untreue, von dem wende deine Ge¬ 
danken ab." 
Damit hat sie den Knaben zu neuem Sinnen veranlaßt. Wie er 
die nächsten Tage, auf einem Blatt pfeifend, durch den Wald geht, hört 
er Hufschläge, und da kommt ihm der Gedanke: „Ei, wenn das der 
Teufel wäre, der sollte mir kommen!" Plötzlich sieht er drei Reiter 
heransprengen in hellglänzender Rüstung. Nun meint der Knabe nicht 
anders, als das müsse Gott sein, den ihm die Mutter ja so licht ge¬ 
schildert hat, und er fällt im Wege auf die Knie. Verwundert halten 
die Ritter, die in Verfolgung eines Gegners begriffen sind, bei dem 
seltsamen Knaben und lassen sich mit ihm in ein Gespräch ein. 
In kindlicher Neugier betrachtet er die schimmernden Kettenpanzer. 
Er hört den Führer sich als Ritter bezeichnen, und als er fragt, 
was das sei, da vernimmt er zum ersten Mal den Namen des Königs 
Artus, der rechte Ritterschaft verleiht. 
Ganz voll von dem neuen Anblick fliegt er zur Mutter und erzählt, 
was [er erlebt hat. Diese ist aufs höchste bestürzt, was sie sorglichst 
vermeiden wollte, nun ist es geschehen, und widerstandslos bricht die 
in dem Knaben wohnende Natur sich Bahn; er verlangt hinaus in die 
Welt, er will zum König Artus und ein Ritter werden. 
Die Mutter ersinnt eine neue List; sie legt ihm Narrenkleider au, 
weil sie hofft, von der Welt verspottet und gehöhnt werde der Knabe 
bald zu ihr zurückkehren. Wie er fortreitet, läuft sie ihm nach, verfolgt 
ihn mit den Augen, soweit sie kann — und als er ihr entschwunden ist, 
da bricht sie zusammen, der jähe Tod macht ihren treuen mütterlichen 
Sorgen ein Ende. 
Sie hat ihm Lehren mit auf den Weg gegeben, und die wörtliche 
Befolgung derselben, wobei er gewöhnlich am Schluß hinzufügt: „So 
hat meine Mutter gesagt", läßt ihn in verschiedener Weise verstoßen 
und fehlen. 
Er findet auch wirklich nachfragend den Hof des ersehnten Artus, 
der ihn zum Ritter machen soll. Seine erste Tat ist der Kampf mit 
dem roten Ritter, wobei er keine anderen Waffen mitbringt, als den 
kindlichen Jagdspieß, den er im Walde daheim geschwungen hat. Aber diese 
erste Tat kostet, ohne daß er es ahnt, einem Verwandten das Leben, 
wie der erste Schritt in die Welt dem treuesten Herzen, das für ihn 
schlug, den Tod brachte. 
Unter den Lehren, die ihm seine Mutter gegeben hat, ist eine, daß er 
dem Rat eines alten Mannes stets folgen solle. Nun kommt er zu 
einem edlen Greise, zu Gurnemanz, der in dem seltsamen Wesen 
des jungen Mannes doch den tüchtigen Kern erkennt und es unter¬ 
nimmt, ihn in ritterliches Wesen und Denken einzuführen. Nicht nur, 
daß er ihn die Waffen führen lehrt, die er dem toten Ritter abgenommen
	        
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