Full text: Mancherlei für Jung und Alt

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111, Abschnitt. Die Könige von Preußen. 
an. Sie umringte einen Theil der Garde und forderte Ergebung. 
Die Garde ergibt sich nicht, sie stirbt! war die heldenmüthige Antwort, 
und schrecklich ward ihr dies bereitet. Wild stob Alles zurück, Schutz 
bei der Nachhut zu suchen; aber hier hatten die Preußen aufgeräumt 
und jeden Widerstand vor sich niedergeschlagen. Im Sturme waren 
den Franzosen die Dörfer entrissen, wo sie Schutz zu finden hofften, 
unter Trommelschlag sprengten die wackern Preußen die französischen 
Vierecke und trieben die zerschlagenen Schaaren in wilder Flucht vor 
sich her. „Es rette sich, wer da kann; rettet die Adler!'' schrie man 
von allen Seiten, und jegliche Ordnung löffle sich im Heere der Fran¬ 
zosen auf. Sie hatten die Schlacht verloren, wie fast nie eine 
Schlacht verloren worden war. ' In einzelnen verworrenen Massen 
rannte Alles davon, Kanonen, Wagen und Gepäck im Stiche lassend. 
An demselben Tage hatte auch der dritte preußische- Heerhaufen 
unter dem General Thielemann bei Wawre einen harten Stand ge¬ 
habt. Grouchy fiel mit 40,000 Mann über ihn her und drängte 
ihn hart. Boten über Boten flogen nach Blücher, um Hülfe bittend, 
aber der alte Held erwiederte fest: „Thielemann mag sich wehren! Wir 
Alle müssen jetzt vorwärts, um den Feind zu vernichten! Fort also!" — 
Und Thielemann vertheidigte sich ritterlich bis tief in die Nacht, und 
wacker hielten die Schaaren gegen die Uebermacht Stand, bis denn 
am folgenden Tage Grouchy die Donnernachricht erhielt: Napoleon's 
Heer ist geschlagen. Da lenkte ec plötzlich um und suchte nur zu 
entkommen. 
Napoleon's Flucht und Verfolgung. Mit mildem Scheine 
beleuchtete der Mond das gräßliche Schlachtfeld bei Waterloo, viele 
Tausende schliefen den Todesschlaf, und eben so viele Tausende von 
Verwundeten ächzten und jammerten. Die noch rüstigen Sieger 
jauchzten ob ihrer herrlich gewonnenen Schlacht, und die Franzosen 
stoben mit Furcht und Schrecken und geangstigt vom bösen Gewissen 
tiefer in's Land. Durch eine anmuthige Gunst des Schicksals trafen 
in der Nacht Blücher und Wellington auf der Meierei la Belle Al¬ 
lianz oder Schönbund zusammen und sielen einander freudenvoll in 
die Arme. Auf diesem Platze hatte Napoleon wahrend des Kampfes 
verweilt; jetzt sollte diese schöne Vereinigung zwischen den beiden Feld¬ 
herren und den Heeren durch eine bedeutsame Benennung verewigt 
werden. Denn Blücher befahl, die Schlacht künftig die Schlacht bei 
Belle Allianye zu nennen. Und nun drang der alte Feldherr auf die 
rascheste Verfolgung des Feindes. Sie wurde den Preußen anheim 
gegeben. „Ich werde," sagte Wellington, „diese Nacht in Bonaparte's 
Hauptquartier zubringen," — „ „und ich,"" erwiederte Blücher, 
„„werde ihn diese Nacht aus seinem heutigen vertreiben!"" Seit 
drei Nachten hatte der greise Held fast kein Auge zugethan, aber rüstig 
versammelte ec seine Offiziere und sprach: „Der letzte Hauch von 
Mensch und Pferd muß aufgeboten werden, denn jagen wir sie nicht 
die ganze Nacht hindurch, so haben wir sie morgen wieder auf dem
	        
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