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erkenne, obgleich er persönlich nicht gegenwärtig ist; so auch erkennt man
aus der Ordnung des Weltalls den Gott, der es geschaffen hat."
Die kolossale Athene Parthenos im Parthenon, 26 Ellen hoch, die
nackten Teile, Gesicht, Hals, Hände und Füße aus Elfenbein, die Augen¬
sterne aus einem dem Elfenbein ähnlichen Edelstein eingesetzt, alles übrige
aus geschlagenem Golde gearbeitet, war ganz als eine in heiterer Majestät
herrschende Götterjungfrau gedacht, deren grandiose Einfachheit, wie in
allen Werken des Phidias, durch reichen Schmuck an der Basis, an den
Waffen, selbst am Rande ihrer goldenen Sohlen gehoben war. Die
züchtige, streng jungfräuliche Göttin, stehend, mit einem bis auf die Füße
herabfließenden Gewände, trug auf der Brust die Ägis mit dem
GorgoueionZ auf dem Helme, der ihr Haupt bedeckte, ruhte in der
Mitte eine Sphinx, auf beiden Seiten Greife in Relief. In der Rechten
hielt sie den Speer, daneben am Boden lag die heilige Schlange, auf der
ausgestreckten Linken trug sie eine vier Ellen große Nike 2, darunter zu
ihren Füßen stand der Schild, dessen äußere Seite eine Amazonenschlacht,
die innere den Kampf der Götter und Giganten in ciselierter Arbeit zeigte:
darin auch war es, wo er sein eigenes Bildnis und das seines Freundes
Perikles so kunstvoll eingefügt hatte, daß sie ohne Gefahr des Ganzen
nicht herausgenommen werden konnten. Auch die tyrrhenischen Sohlen
der Göttin waren mit einem Relief verziert, den Kampf der Lapithen
und Kentauren darstellend.
Roch kolossaler und grandioser war auf einem Throne sitzend das
Bild des olympischen Zeus in Elis, aus demselben Stoffe gebildet, die
nackten Teile aus Elfenbein, die Gewandung aus Gold, 50 Fuß hoch,
auf einer zwölf Fuß hohen Basis. Obgleich Phidias von Natur ein
Heros war wie der ihm geistesverwandte Michel Angelo, ein Künstler,
dem es leichter wurde, Götterkolosse als Menschenbilder zu machen, so soll
er doch, Hand anlegend zur Ausführung dieses Werkes, vor demselben
erschrocken sein, daß er, ein Mensch, es wagen wolle, den König der
Götter abzubilden. Da sei er einst in Gedanken sinnend über den Markt
gegangen, als ein Rhapsode ^ den ersten Gesang der Ilias vorgetragen,
und da hätten ihn die berühmten Verse getroffen, in welchen Zeus der
Mutter des Achilleus die Gewährung ihrer Bitte bestätigt:
Also, sprach er und winkte mit dunkelen Brauen Kronion,
und die ambrosischen Locken des Königes wallten vorwärts
von dem unsterblichen Haupt: es erbebten die Höh'n des Olympos.
1 Schild mit dem Gorgonenhaupt. Gorgone — ein weibliches, schrecken¬
erregendes Ungetüm, dessen Haare Schlangen waren und dessen Anblick versteinerte.
2 Nike — Siegesgöttin.
3 Rhapsode — Volkssänger.
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