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Dritte Periode, von 1150—1300.
„Der Hort König Nibelungs ward hervorgetragen
Aus einem hohlen Berge: nun hört Wunder sagen,
Wie ihn teilen wollten, die Niblung Unterthan.
Das sah der Degen Siegfried, den es zu wundern begann.
„So nah kam er ihnen, daß er die Helden sah
Und ihn die Degen wieder. Der eine sagte da:
,Hier kommt der starke Siegfried, der Held aus Niederland?
Seltsame Abenteuer er bei den Nibelungen fand.
„Den Recken wohl empfingen Schilbung und Nibelung.
Einhellig baten die edlen Fürsten jung,
Daß ihnen teilen möchte den Schatz der kühne Mann:
Das begehrten sie, bis endlich er's zu geloben begann.
„Er sah so viel Gesteines, wie wir hören sagen,
Hundert Leiterwagen, die möchten es nicht tragen,
Noch mehr des roten Goldes von Nibelungenland:
Das alles sollte teilen des kühnen Siegfriedes Hand.
„Sie gaben ihm zum Lohne König Niblungs Schwert.
Da wurden sie des Dienstes gar übel gewährt,
Den ihnen leisten sollte Siegfried der Degen gut:
Er konnt' es nicht vollbringen: sie hatten zornigen Mut.
„So mußt' er ungeteilet die Schätze lassen steh'n.
Da bestanden ihn die Degen in der zwei Kön'ge Lehn:
Mit ihres Vaters Schwerte, das Balmung war genannt,
Stritt ihnen ab der Kühne den Hort und Nibelungenland.
„Da hatten sie zu Freunden kühne zwölf Mann,
Die starke Riesen waren: was konnt' es sie verfah'n?
Die erschlug im Zorne Siegfriedens Hand
Und siebenhundert Recken zwang er vom Nibelungenland
„Mit dem guten Schwerte, geheißen Balmung.
Vom Schrecken überwältigt war mancher Degen jung
Zumal vor dem Schwerte und vor dem kühnen Mann:
Das Land mit den Burgen machten sie ihm Unterthan.
„Dazu die reichen Könige, die schlug er beide tot.
Er kam durch Albrichen darauf in große Not:
Der wollte seine Herren rächen allzuhand,
Eh' er die große Stärke noch an Siegfrieden fand.
„Mit Streit bestehen konnt' ihn da nicht der starke Zwerg.
Wie die wilden Leuen liefen sie an den Berg,
Wo er die Tarnkappe Albrichen abgewann:
Da war des Hortes Meister Siegfried, der schreckliche Mann.