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auch eine auf einer gemeinsamen Geistesrichtung beruhende, fast
vollkommene Sprachgleichheit zu haben pflegen. — Mehrere ver¬
wandte Familien bilden ebenso einen Stamm, mehrere verwandte
Stämme eine Völkerschaft, ein Volk oder eine Nation, meh¬
rere Nationen einen Völkerstamm, eine Völkergruppe oder
Völkerfamilie; — immer aber spricht sich der Verwandtschafts¬
grad dieser kleineren oder größeren Menschenhaufen nicht blos in
einer gewissen Ähnlichkeit des körperlichen Gepräges, sondern noch
viel mehr auch in der größeren oder geringeren Sprach-Ueberein-
ftimmung aus, die nur der Ausdruck der innerlichen Uebereinstim-
mung überhaupt ist. —
3. Die Geschiedenheit (Unverständlichkeit) der Sprache
bedingt dagegen auch die nationelle; so wie aber ein Volk in ver¬
schiedene Zweige und Stämme zerfällt, so zerfällt seine Sprache in
verschiedene Dialekte und Mundarten, — während die Spra¬
chen mehrerer verwandter Völker einen Sprachstamm, eine
Sprachfamilie bilden. — Man spricht daher, um die verschiede¬
nen Verwandtschaftsgrade auszudrücken, von Mutter- und Toch¬
ter- und (richtiger) von Schwestersprachen. —
Man unterscheidet außerdem tobte und lebende, Urspra¬
chen (?) und abgeleitete (gemischte). —
4. Man hat die Zahl der verschiedenen Sprachen zu 860 (?)
angenommen, die in 5000 (?) Dialekte zerfallen sollen. — Diese
sind indeß sehr ungleich vertheilt und verbreitet. Einige werden
nur von wenigen Völkerschaften auf einem geringen Gebiete ge¬
sprochen, — andere von Millionen auf sehr weiten Räumen. —
Von der angenommenen Zahl der Sprachen der Erde kommen auf
Europa: Asien: Afrika: Australien: Amerika:
53, 153, 115, 117, 422.
(Vgl. die entsprechenden Areal- und Bevölkerungszahlen der Erd-
theile!)
5. So wie übrigens die Verschiedenheit der menschlichen Kör¬
perbildungen unendlich mannigfaltige Abstufungen und Uebergänge,
Verwandtschaften und Entfremdungen darstellt: fast ebenso ist es
mit der großen Zahl verschiedener Sprachen und Dialekte. — Und
so wie angenommen werden muß, daß die sogenannte „Racen-
Verschiedenheit" die Einheit des Menschengeschlechts keinesweges
ernstlich in Zweifel stellt: eben so geschieht solches durch die bisher
noch immer dunkle Verschiedenheit der Sprachen um so weniger,
als die Grenzmarken der Varietäten nicht immer Sprachen- und