Full text: Beschreibende und lehrende Prosa (Teil 3)

226 I. Beschreibende Prosa: Litteraturgeschichte. 
durch welche die Emancipation des arglosen Max von seiner Umgebung 
eingeleitet wird; Katastrophe ist die innere Lösung des Max von seinem 
Vater. Die ans der Handlung von „Wallensteins Tod" hineingetragenen 
Stücke sind die Scenen mit Questenberg, Unterredung Wallensteins mit 
den Getreuen und die Bankettscene, also der größte Teil des 1. Aktes, 
der 2. und der 4. Akt. 
In „Wallensteins Tod" ist das erregende Moment, die nur berichtete 
Gefangennahme Sesinas, eng mit der großen Unterredung zwischen Wallen¬ 
stein und Wrangel verbunden; Höhepunkt ist der Abfall der Truppen — 
Abschied der Kürassiere — von Wallenstein. Die Katastrophe aber ist 
eine doppelte: Bericht über den Tod des Max nebst Flucht Theklas und 
die Ermordung Wallensteins. Die aus der Handlung der „Piccolomini" 
eingeflochtenen Scenen sind die Unterredung des Max mit Wallenstein 
und mit Octavio, Thekla gegeni'cher ihren Verwandten und die Trennung 
des Max von Wallenstein, die Botenscene des schwedischen Hauptmanns 
und der Fluchtentschluß Theklas, also eine Scene und Schluß des 2. Aktes, 
der Höhepunkt des 3., der Schluß des 4. Aktes. 
Nun aber wäre eine solche Verflechtung zweier Handlungen und zweier 
Stücke ineinander schwer zu rechtfertigen, wenn nicht die dadurch hervor¬ 
gebrachte Verbindung, das Doppeldrama, selbst wieder eine drama¬ 
tische Einheit bildete. Dies ist in ausgezeichneter Weise der Fall, die 
verflochtene Handlung der ganzen Tragödie steigt und fällt in einer ge¬ 
wissen majestätischen Größe. Deshalb sind in den „Piccolomini" zwei 
erregende Momente eng verkoppelt: das erste gehört der Gesamthandlung 
an, das zweite den „Piccolomini". Ebenso hat das Doppeldrama zwei 
dicht bei einander liegende Höhepunkte, von denen der eine die Katastrophe 
der „Piccolomini" und der andere die Eröffnung von „Wallensteins 
Tod" ist. Und wieder am Schluffe des letzten Dramas zwei Kata¬ 
strophen: eine für die Liebenden, die zweite für Wallenstein und das 
Doppeldrama. 
Es ist bekannt, daß Schiller während der Ausarbeitung die Grenze 
zwischen den „Piccolomini" und „Wallensteins Tod" verlegt hat. Die 
„Piccolomini" umfaßten ursprünglich noch die beiden ersten Akte von 
„Wallensteins Tod", also auch noch die innere Lösung des Max von 
Wallenstein. Und dies war allerdings für die Handlung des Max ein 
Vorteil. Aber bei dieser Einrichtung fiel auch die Scene mit Wrangel, 
d. h. die verhängnisvolle That des Wallenstein, und außerdem der Abfall 
Buttlers zu Octavio — d. h. die erste Steigerung zu „Wallensteins Tod" 
und die erste Stufe der Umkehr für das Gesamtdrama — in das erste 
der beiden Stücke, und dies wäre ein bedenklicher Ubelstand gewesen, denn 
das zweite Drama hätte bei solcher Einrichtung nur den letzten Teil der
	        
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