Full text: Beschreibende und lehrende Prosa (Teil 3)

6. Der deutsche Handel u. d. Reichtum d. deutschen Städte z. Zeit d. Hansa. 59 
wurden in der Regel von der Stadt bewaffnete Schiffe, Orlogschiffe oder 
Friedenskoggen genannt, zum Schutze beigegeben. 
Die meisten Geschäfte nach dem Auslande betrieb Danzig in Ver¬ 
bindung mit Lübeckern oder wenigstens unter Mitwirkung von Lübeck, 
dessen Handelsblüte vornehmlich auf seinem lange Zeit hindurch fast aus¬ 
schließlichen Handel über Riga, Reval, Dorpat, Nowgorod und andere 
Niederlassungen der Russen beruhte. Unter Lübecks Vermittlung wurden 
die russischen Rohprodukte, vereint mit den Erzeugnissen der polnischen 
und litauischen Ebenen, Holz, Asche, Teer, feinere und gröbere Pelz¬ 
waren, Felle und Leder, Wachs und Honig, Fettwaren und Fleisch, Ge¬ 
treide, Flachs und anderes in den Westen vertrieben, und dagegen die 
Natur- und Kunsterzeugnisse Deutschlands, Flanderns und Englands 
zurückgebracht. Das berühmte lübische Bier wurde durch den ganzen 
Norden verschickt. Der Fremden- und Geschäftsverkehr in Lübeck belebte 
sich immer mehr, weil Lübeck unter allen baltischen Plätzen der Haupt¬ 
hafen war für die großen Züge von Kaufleuten, Handwerkern, Rittern 
und anderen Reisenden, welche bis ins 16. Jahrhundert hinein jährlich 
nach Livland gingen oder von dort zurückkehrten. Lübeck allein, rühmte 
Äneas Sylvius im Jahre 1458, sei „an Reichtum und Macht so gewaltig, 
daß die Königreiche Dänemark, Schweden und Norwegen gewohnt wären, 
auf seinen Wink Könige anzunehmen und abzusetzen". 
Sehr bedeutend war z. B. auch der Handel von Breslau. Durch 
seine Handelslinien auf Wien und Preßburg übernahm Breslau die Ver¬ 
mittlung zwischen der Ostsee und der Donau, knüpfte zugleich durch 
Böhmen und Sachsen über Prag und Dresden bis nach Leipzig das Ober¬ 
elbgebiet und mit diesem die aus Oberdeutschland herabziehenden Linien 
an die Oder, und gewann mit Stettin für den gesamten Handel des 
Odergebietes eine hervorragende Stellung. 
Nicht minder großartig war die Stellung der sächsischen, rheinischen, 
oberalemannischen und süddeutschen Handelsstädte. „Köln ist durch seinen 
ausgebreiteten Handel und seine unermeßlichen Reichtümer", schreibt Wim- 
pheling, „die Königin des Rheins. Was soll ich von Nürnberg sagen, 
welches fast mit allen Ländern Europas Handelsverbindungen unter¬ 
hält und seine kostbaren Arbeiten in Gold und Silber, Kupfer und 
Bronze, Stein und Holz massenhaft in allen Ländern absetzt? Es 
strömt dort ein Reichtum zusammen, von dem man sich kaum eine rechte 
Vorstellung machen kann. Ein Gleiches gilt von Augsburg. Das viel 
kleinere Ulm nimmt jährlich, sagt man, mehr als eine halbe Million 
Gulden an Handelsgefällen ein. Auch die elsässischen Städte treiben 
einen äußerst gewinnreichen Handel, und insbesondere ist Straßburg un- 
gemein reich."
	        
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