8. Nürnberg.
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das unvergleichlich schöne Sakramentshäuschen, und schräg gegenüber, von
der Höhe herab, hängt der Englische Gruß, welchen Veit Stoß geschnitzt
für die Stadt, in welcher er, ein Pole von Geburt, eine Werkstatt, ein
Weib und eine Heimat gesunden. Es wandelt sich schön in diesen hohen,
mächtigen Domen, wenn man dieses alles betrachtet und bedenkt, während
im Westen das bunte Nadfenster in allen Strahlen der tiefstehenden
Sonne funkelt und ihre Reflexe immer weiter und weiter trägt, von den
Säulen zur Wölbung, von der Wölbung zur Decke, bis dieser ganze
steinerne Wald zu zittern scheint in dem magischen Lichtstrome, der ihn
durchflutet.
Zu den interessantesten Bekanntschaften, die man in diesen schönen
Kirchen macht, gehören unbedingt die der alten Patricier und ehrbaren
Geschlechter Nürnbergs, welche in ihnen begraben liegen oder durch Stif¬
tungen von Altären und Gemälden oder auch einfacher durch Totenschilde
dafür gesorgt haben, daß ihr Gedächtnis in denselben nicht vergehe! Diese
Tabellen, fein säuberlich auf Pergament geschrieben, mit roten Linien und
allerlei goldenem Zierat eingefaßt, hängen an den Wänden des Chores
und erzählen von dem Starcke und dem Führer von Haimendorf, von
dem Kreß von Kressenstein, den Pfinzing von und zu Henffenfeld u. a.
Ehrbare Leute sind sie alle zusammen gewesen, diese alten Schultheißen,
Landpfleger, kaiserlichen Räte und Hauptleute; noch immer glimmt in
ihrem roten Glase zu St. Sebaldus die ewige Lampe, welche die Tücher
daselbst seit 1326 gestiftet. Aber sie gaben auch den heimischen Künstlern
zu thun, und die prachtvollen gemalten Fenster, die schönen Altarbilder,
die Skulpturen, Erzgnß und Holzschnitzwerk zeugen von ihrer Freigebig¬
keit, ihrer Frömmigkeit, ihrer Liebe zur heimatlichen Stadt, welche sie
mit solch unvergänglichen Denkmälern schmückten.
Einer der interessantesten Orte Nürnbergs ist der Johanniskirchhof,
auf welchem auch die Gräber Albrecht Dürers, Hans Sachs' und des¬
selben Adam Krafft sich befinden, dessen erstes Werk, „die sieben Stationen",
gleich sieben mächtigen Wegweisern die Straße von dem Thore bis zu
dem Gottesacker bezeichnet. Ebenso begegnet uns dort sein letztes Werk,
„eine Grablegung mit 15 lebensgroßen Sandsteinfiguren". Der Grab¬
stein auf Hans Sachs' Grab ist halb eingesunken und wird wenig be¬
achtet, während das Grab Albrecht Dürers in späteren Jahren restauriert
und mit Wappen und Malerzeichen geschmückt ist. An seinem Geburts¬
tage, dem 21. December, wird jedes Jahr vom Dürer-Verein seiner Vater¬
stadt ein Lorbeerkranz aus das Grab gelegt.
Die bürgerlichen Paläste in dem Innern der Stadt haben im Laufe
der Zeit manche Wandlung erleiden müssen; an einigen sitzt das Schild
moderner Gasthöfe, aus anderen sind Fabriken geworden — aus dem