Object: Deutsches Lesebuch (Theil 2)

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schränkt und unterdrückt werden; besonders ward er von dem 
Erzbischof Werner von Mainz, den er vor einigen Zähren, 
auf dessen Reise nach Nom, sicher durch die Schweiz geleitet 
hatte, sehr empfohlen. 
Als Rudolph die Nachricht von seiner Erhebung zum 
Kaiser von Deutschland erhielt, befand er sich gerade vor 
der Stadt Basel in der Schweiz, mit welcher er in einer 
Fehde begriffen war. Sogleich ließ er nun den Baselern 
sagen: der Streit sei geendet, da sie wohl mit dem Grafen 
von Habsburg, aber nicht mit dem Kaiser Rudolph in 
Fehde lebten. Durch diese ritterliche Gesinnung gegen seine 
Gegner machte der neue Kaiser sich im voraus sehr beklebt. 
Nun eilte ec nach Aachen, wo er gekrönt ward, und fing 
sein neues Regiment damit an, in Deutschland Gesetz und 
Ordnung wieder herzustellen. Mit großer Thätigkeit zog 
Rudolph in Deutschland umher, schlichtete die Fehden, un¬ 
terwarf die Widerspenstigen, zerbrach die Burgen der Raub¬ 
ritter, und strafte diese selbst am Leben, wenn sie in seine 
Hände fielen, und von ihrem schändlichen Handwerke nicht 
abgelassen hatten. Zn diesen Bemühungen unterstützten ihn 
die deutschen Fürsten getreulich, nur einer wollte sich ihm 
nicht unterwerfen, und ihn nicht für feinen Lehnsherrn an¬ 
erkennen. Das war König Ottokar von Böhmen, ein 
mächtiger Fürst, der außer Böhmen auch noch Oestreich, 
Steiermark, Karnkhen und Krain besaß, Länder, die er nach 
dem unglücklichen Tode Friedrichs von Baden, des Freundes 
Conradins, an sich gebracht hatte. Nachdem Ottokar dreimal 
vergeblich aufgefordert worden war, vor dem Kaiser zu er¬ 
scheinen, und die Belehnung zu empfangen, erklärte derselbe 
ihn in die Acht, und forderte die deutschen Fürsten zum Beistände 
auf, diese zu vollziehen. Durch Rudolphs Thätigkeit ward 
Ottokar bald unterworfen, und es kam ein Vergleich zu Stande, 
nach welchem der König Oestreich und die damit verbundenen 
Länder sogleich abtreten, und über Böhmen und Mähren die 
Belehnung empfangen sollte. Das geschah denn auch. Das 
Letzte beschämte den stolzen Ottokar sehr, indem er vor dem 
Kaiser, der absichtlich in ganz unscheinbarer Kleidung auf sei¬ 
nem Stuhle saß, in aller seiner Pracht, mit welcher er ge¬ 
kommen, um den Kaiser ju überstralen, im Angesichte aller 
anwesenden Fürsten niederknieen mußte, um so belehnt zu 
werden. Tue dem Kaiser zu Hülfe gezogenen Fürsten kehrten 
nun wieder nach Hause zurück, Rudolph blieb aber mit fei-
	        
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