Full text: Von Karl V. bis zur Aufrichtung des neuen deutschen Kaisertums (1519 - 1871) (Theil 3)

Der preußisch-deutsche Zollverein und das deutsche Eisenbahnsystem. 203 
worden. Dieselben hatten sich mit der Bitte um Herstellung eines 
solchen Schutzes an den Bundestag gewendet, aber ohne Erfolg. 
Inzwischen hatte die preußische Regierung für ihre Staaten ein ge¬ 
mäßigtes Schutzzollsystem eingeführt (1818.) Dabei ergab es sich 
aber als ein großer, durch die Gestaltung Preußens herbeigeführter 
Üb elften l), daß, wegen der geographischen Getrenntheit der westlichen 
von den östlichen Provinzen, zwei verschiedene Zollgebiete nötig wurden, 
welche natürlich unverhältnismäßig Kosten verursachten. Die preu¬ 
ßische Regierung mußte daher alles aufbieten, um durch eine Zoll- 
einigung mit andern Staaten jene Lücke auszufüllen. Es gelang ihr 
auch, die beiden Hessen dafür zu gewinnen (1828 und 1831). Gleich¬ 
zeitig waren noch andere ähnliche Vereine in der Bildung begriffen, 
so einer zwischen Bayern, Württemberg, den beiden Hohenzollern 
(1828), so der „Mitteldeutsche Handelsverein" (Sachsen^ Hannover, 
Brannschweig n. s. w.) im gleichen Jahre. Beide kamen jedoch nicht 
wirklich zu stände. Wohl aber trat 1834 der große „preußisch¬ 
deutsche Zollverein" ins Leben, der, außer Preußen, den in diesem 
eingeschlossenen an haltmischen Ländern und den beiden Hessen, nun 
auch Sachsen, Bayern, Württemberg, die thüringischen Staaten in 
sich schloß, dem etwas später noch Nassau, Baden, Frankfurt, Luxem¬ 
burg, Braunschweig beitraten, so daß derselbe schon im Jahre 1842 
ein Gebiet von 8245 Quadratmeilen mit 28'/2 Millionen Einwohnern 
umfaßte. Die Zollschranken zwischen diesen Ländern fielen; alle Er¬ 
zeugnisse des einen Landes (mit alleiniger Ausnahme von Bier und 
Branntwein, für welche eine sog. „Übergangsabgabe" entrichtet werden 
mußte) gingen zollfrei nach allen andern Ländern des Zollvereins. 
Nach außen bildeten diese verbundenen Länder ein gemeinsames Zoll¬ 
gebiet. Die von außen in dieses Gebiet eingehenden Waren wurden 
da, wo sie eingingen, versteuert und konnten bann ebenfalls frei im 
ganzen Zollverein zirkulieren. Die bavon erhobenen Zölle floffen in 
eine gemeinsame Zollvereinskasse unb würben von bieser aus art bie 
einzelnen Staaten nach ber Bevölkernngszahl verteilt. Damit waren 
zwei ganz bebeutenbe wirtschaftliche Vorteile erreicht: einmal war 
jenem „wtmberbaren Wahnsinn ber Deutschen, ihren eignen Verkehr 
burch Zölle zu töten", an welchem Hanbel unb Jnbnstrie in Dentsch- 
lanb von ben frühesten bis auf bie neuesten Zeiten gekrankt hatten, 
ein Enbe gemacht, unb sobcmn war einem zweiten, ebenso fühlbaren 
iibelftanbe, bcm Mangel einer einheitlichen Hanbelspolitik nach außen, 
für beit größten Teil bes nichtöfterreichtfchen Deutschlands abgeholfen. 
Der Zollverein war emc Hcmbelsmacht (ähnlich wie einst bie Hansa);
	        
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