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brennenden Korn-, Papier- und Baumwollenspeicher der „Neuen-
bürg" überschütteten ihre Nachbarschaft mit einem Sprühregen
von Funken, und das Flugfeuer zündete auch an entlegenen
Stellen. Am Abend des 5. Mai ist schon die ganze Umgebung
des Hopfenmarktes ein großes Glutmeer, aus welchem ungeheure
Rauchwolken uud mächtig lodernde Feuersäulen zum Himmel
emporsteigen. Die Nicolaikirche ist verbrannt. Um 1 Uhr hatten
die ersten Flammen aus ihrem Turm herausgezüngelt; als der
Glockenstuhl sich beugte, hatten die Glocken wild durcheinander
getönt; um 4 Uhr war der hohe Turm unter Prasseln, Donnern
und Krachen zusammengestürzt.
In der Nähe der Brandstätte herrschte ein schreckliches Ge-
tümmel. Jeder suchte zu retten, was von seinen Habseligkeiten
gerettet werden konnte. Schuteu werden mit Betten, Möbeln
und Kisten beladen, Wagen, deren man habhaft wird, werden
für hohe Preise herbei geholt. Karren und Tragbahren sind
erwünschte Trausportmittel. Manches Stück wird fortgeschafft.
Bald aber haben fich die Fahrzeuge im Fleet festgefahren. Was
aus den brennenden Häusern herausgezogen wurde, das wird
auf dem Waffer vom Feuer ergriffen und muß im Stich gelassen
werden. Das Zurufen der Rettenden, das Schreien der Fluch-
tenden, das Jammern und Kreischen von Kindern und das Weh-
klagen Verwundeter tönen mit Kommandorufen schrecklich durch-
einander. Mancher läuft ratlos hin und her.
Es werden aber auch die umsichtigsten, unerschrockensten und
ausdauerndsten Lösch- und Verteidiguugsversuche gemacht. Die
Bewohner der Katharinenstraße und des Grimm halten stunden-
lang in der fürchterlichsten Hitze auf den Dächern, an den Fenstern
und auf den Gesimsen ihrer Häuser aus und wehren sich mit
Handspritzen, nassen Tüchern, gefüllten Eimern und vollen Töpfen
erfolgreich gegen die andringende Glut, während alle Pfähle im
Fleet bereits lichterloh brennen. Edle Männer nehmen sich des
Katharinenturms rühmlichst an. Vornehme Herren uud Danien
melden sich zu freiwilliger Arbeit; sie schieben Karren, ziehen
Wagen, schleppen Eimer mit Wasser herbei und lösen die er-
müdeten Mannschaften an den Spritzen ab. Auf des Spritzen¬