45 — 
brennenden Korn-, Papier- und Baumwollenspeicher der „Neuen- 
bürg" überschütteten ihre Nachbarschaft mit einem Sprühregen 
von Funken, und das Flugfeuer zündete auch an entlegenen 
Stellen. Am Abend des 5. Mai ist schon die ganze Umgebung 
des Hopfenmarktes ein großes Glutmeer, aus welchem ungeheure 
Rauchwolken uud mächtig lodernde Feuersäulen zum Himmel 
emporsteigen. Die Nicolaikirche ist verbrannt. Um 1 Uhr hatten 
die ersten Flammen aus ihrem Turm herausgezüngelt; als der 
Glockenstuhl sich beugte, hatten die Glocken wild durcheinander 
getönt; um 4 Uhr war der hohe Turm unter Prasseln, Donnern 
und Krachen zusammengestürzt. 
In der Nähe der Brandstätte herrschte ein schreckliches Ge- 
tümmel. Jeder suchte zu retten, was von seinen Habseligkeiten 
gerettet werden konnte. Schuteu werden mit Betten, Möbeln 
und Kisten beladen, Wagen, deren man habhaft wird, werden 
für hohe Preise herbei geholt. Karren und Tragbahren sind 
erwünschte Trausportmittel. Manches Stück wird fortgeschafft. 
Bald aber haben fich die Fahrzeuge im Fleet festgefahren. Was 
aus den brennenden Häusern herausgezogen wurde, das wird 
auf dem Waffer vom Feuer ergriffen und muß im Stich gelassen 
werden. Das Zurufen der Rettenden, das Schreien der Fluch- 
tenden, das Jammern und Kreischen von Kindern und das Weh- 
klagen Verwundeter tönen mit Kommandorufen schrecklich durch- 
einander. Mancher läuft ratlos hin und her. 
Es werden aber auch die umsichtigsten, unerschrockensten und 
ausdauerndsten Lösch- und Verteidiguugsversuche gemacht. Die 
Bewohner der Katharinenstraße und des Grimm halten stunden- 
lang in der fürchterlichsten Hitze auf den Dächern, an den Fenstern 
und auf den Gesimsen ihrer Häuser aus und wehren sich mit 
Handspritzen, nassen Tüchern, gefüllten Eimern und vollen Töpfen 
erfolgreich gegen die andringende Glut, während alle Pfähle im 
Fleet bereits lichterloh brennen. Edle Männer nehmen sich des 
Katharinenturms rühmlichst an. Vornehme Herren uud Danien 
melden sich zu freiwilliger Arbeit; sie schieben Karren, ziehen 
Wagen, schleppen Eimer mit Wasser herbei und lösen die er- 
müdeten Mannschaften an den Spritzen ab. Auf des Spritzen¬
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.