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Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab.
D. Katastrophe (Y, 8—14).
a) Das Gegenspiel. Adelheid, entrüstet über die Forderung ihres Gatten,
bestimmt Franz durch buhlerische Künste zur Vergiftung ihres Mannes. Von
furchtbaren Schmerzen und von Gewissensnöten gepeinigt, vernichtet Weislingen auf
Fürbitte Marias das Todesurteil Götzens und stirbt unter ihren Trostworten,
nachdem er von Franz erfahren, daß sein eigenes Weib ihn hat vergiften lassen.
Dieser findet verzweifelnd in den Fluten des Mainflusses seinen Tod. Adelheid
verfällt dem Urteile des heimlichen Gerichts, das sie wegen Ehebruchs und Gatten¬
mordes zum Tod durch Strang und Dolch verurteilt (V, 8—11).
b) Götz. Todesmatt liegt er im Turme, sein Geschick beklagend, doch ergeben
in Gottes Willen. Seine letzten Stunden bringt er mit Genehmigung des Gefängnis¬
wärters in einem Gärtchen am Turm in frischer Frühlingsluft zu. Die Botschaft
seiner Begnadigung durch Maria ist für ihn wertlos geworden. Die Mitteilung
über den Reitertod des wackern Georg bringt ihm Trost; umgeben von den Seinen
stirbt er mit dem Ruse: „Freiheit! Freiheit!" (V, 12—14) (mit dem die Sturm¬
und Drangperiode beherrschenden Worte).
Rhapsodisch hingeworfen, hat das Stück seinen Wert nicht im
Aufbau, in Gliederung und in dramatischer Steigerung, sondern in der
klaren und treuen Veranschaulichung von Einzelbildern aus
der sturmbewegten Zeit der Reformation. Diese Einzelbilder sind freilich
nur lose miteinander verbunden, so daß man das Stück eher ein episch¬
dramatisches Zeit- und Charaktergemälde oder nach Lessings
Wort eine „dialogische Chronik" als ein Schauspiel nennen könnte. Aber
die lebenswahren und farbenreichen Bilder der deutschen Ver¬
gangenheit, die meisterhafte Zeichnung der Charaktere der in
scharfer Klarheit vorgeführten Gestalten, in die der Dichter zum Teil
Züge von ihm lieben Personen legte, die Volkstümlichkeit und Kraft
der Sprache verschafften dem Stück bei der Aufführung einen solchen
Beifall, daß des Dichters Ruf mit einem Schlage begründet war.
In das gleiche Jahrhundert, jedoch in ein anderes Gebiet, führt uns
Goethes „Egmont" (1788). Den Entwurf der ersten Akte hatte der Dichter
schon 1775 in Frankfurt gemacht, er brachte das Stück aber erst 1787 in
Italien zum Abschluß. Dasselbe schildert in Prosa den Kampf zwischen
Freiheit und Gewaltherrschaft in dem Gegensatze der Arg- und Sorglosigkeit
des völlig verblendeten Grafen Egmont (1568 zu Brüssel enthauptet) gegenüber
der politischen, ihn mit dämonischer Macht umgebenden Arglist des Herzogs
Alba, des starren Dieners des harten Königs Philipp II. von Spanien.
Haupthandlung: Egmonts Fall; Nebenhandlung: Klärchens Liebe
und Untergang.
A. Exposition (I).
a) Haupthandlung: Das Armbrustschießen in Brüssel gibt den Charakter
der Niederländer kund. Begeisterung der Bürger für den durch Buyck charakterisierten
Grasen Egmont, Abneigung gegen den König Philipp II. von Spanien, geringes