Full text: Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien (Theil 2)

Rudolph von Ems: Aus Barlaam und Josaphat. 
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Rudolph von Ems. 
Ein Schweizer; Dienstmann zu Montfort (bei Feldkirch in Tyrol), dichtete den Barlaam um 1225. Andere 
Werke: Der gute Gerhard; Wilhelm von Orleans; der heilige Eustachius; Alexander; Weltchronik. Er starb 
zwischen 1250—54. Mit ihm beginnt bei den Dichtern selbst ein Bewußtwerden von dem Sinken der Kunst. 
Aus Karlaam und Josaphat. 
(Der indische Königssohn Josaphat wird durch den Einsiedler Barlaam zum Christenthum bekehrt.) 
Eingang. 
Alphä et 0, kiinec Sabaöt, 
Got, des gewaltes kraft gebot 
leben âne urbap, dîn kirnst, 
ân anegenges begunst, 
was ie, dîn gotlîchiu kraft 
lebende in wernder meisterschaft. 
dîn kôkiu kirnst, dîn wîser rât 
beslozzen und bestricket bât 
daz anegenge und daz ende; 
sunder missewende 
bist dû der urbap gênant; 
daz ende stât in dîner bant. 
der beider name waer dû ie, 
docb gewunne dû sie nie, 
und müezen dem gewalte dîn 
versaget unde vremede sîn. 
dîner lebenden gotbeit 
wart anevanc nie an geleit; 
dîn kraft gewinnet niemer ort; 
dîn gewalt, dîn geist, dîn wert, 
Got, vater, mensche unde kint, 
gewaltes ungescheiden sint: 
als ie ân anegenge was 
dîn einic drivait imitas, 
dir sieb biegent elliu knie 
ze himel und ûf der erde hie 
unz durch der belle künde, 
vor dir daz abgründe 
bibent unde in vorhten swebet. 
von dînera süezen geiste lebet 
swaz lebelîcbe sich verstät 
und lebendige sinne bât. 
erde, viur, wazzer, luft, 
kelte, regen, bitze, tust 
getempert bât dîn eines kraft 
in gotlîcher meisterschaft. 
clin eines viirdaehtlîch gewalt 
bât genennet unde gezalt 
der steinen menege unde genant 
ir aller namen, unde erkant 
ir umbelouf, ir umbevart 
unde wie si nâcb ir rekter art 
natûrent aller dinge leben, 
den dû wilt lebende sinne geben; 
oueb muoz in sîme loufe gän, 
als ez dîn kraft bât an gelân, 
daz firmament, unz an daz zil, 
alz ez gebot und als ez wil 
diu gotlîcbe witze dîn. 
also bât sich der sannen scMn 
Bone'S Lesebuch II. TH. 9. Ausl. 
enthülltet unde gerihtet; 
von nihte bât getihtet 
dîn wîser gütlicher list 
swaz sihtic. und unsihtic ist. 
dîn wort ist aller dinge slöz; 
den dun re und diu blicschôz 
von viurînem lüfte lât 
dîn kraft, diu sie getempert liât, 
dir ist niht verborgen vor, 
dû sibst dur aller herzen tor 
in menschlicher sinne grünt; 
dir sint elliu herzen kunt. 
Got vater nâcb der gotbeit, 
dînes sunes name treit 
die menschheit, in der er leit 
den tôt durch unser broedekeit, 
der megede schepfer unde ir kint, 
an deme die drîe namen sint: 
vater, sun, heiliger geist, 
dû hâst in wîser volleist 
allen herzen gegeben 
sin, verstau, vernunftlîch leben 
mit misselîckes teiles gunst; 
dîn geist berihtet al die kirnst, 
die menschlicher; leben treit; 
eime gît er wîsheit, 
bî witzen wislîchiu wort, 
dem andern künstlichen bort, 
der doch an ime verborgen ist; 
dem dritten maniger bände list. 
er gît dem bescheidenheit; 
genuogen machet er bereit 
mit triuwen fugende riche site; 
er teilet ouch genuogen mite 
gesunden lîp, vroelîchen muot. 
elliu leben bât behuot 
dîn vil heiliger geist 
nâcb ir sinne volleist. 
swie kleine docb sîn wîser rât 
der künste mir geteilet bât, 
Crist, herre got, so sage ich dir 
lop der genaden, daz dû mir 
geruoebtes sinneclîche geben 
gelouben unde cristenleben, 
daz ich von sinnen mich verstän, 
waz ich genaden von dir hän, 
daz dîn geloube mir gît tröst, 
daz dû mich armen hast erlöst 
von der êwiclîchen not, 
unde daz ich weiz daz ich den tôt 
niht vürliten soi der sêle min, 
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