Vorbildung der neueren Literatur.
1525—1725.
Vierte Periode.
Vorbildung des Neuhochdeutschen.
1525-1625.
Die Zeit des Uebergcmgs. Zum Theil Fortsetzung des vorigen Zeitraumes (Volks- und Kirchenlied, Satire, Prosa);
zum Theil Vernichtung des Alten. Formlosigkeit der Poesie. Schwank und Pasquille. Uebergang der Poesie an
die Gelehrten; Einwirkung des classischen Alterthums. Verworrenheit in der Orthographie.
Kirchenlieder.
Deutsche Kirchenlieder gibt es aus den ältesten Zeiten. „Christ ist erstanden", „Nun bitten wir den heil'gen Geist",
„In Gottes Namen fahren wir" u. a. stammen wenigstens aus dem 13. Jahrh. Sehr reich daran waren das
14. und 15. Jahrh. Um diese Zeit aber beginnen besonders die Sammlungen in Gesangbücher, und die Reforma¬
toren waren bei abgehendem Ritus und Meßopfer vorzüglich auf Vermehrung deutscher Kirchengesänge angewiesen.
1. ilmb den fryden.
<Aus dem kathol. Gesangbuche von Mich. Vehe,
1537.)
Ewiger Gott, wir bitten dich,
gyb fryden in vnsern Tagen,
Datz wir leben einmüttiglich
vnd stets nach beym willen fragen.
Denn, Herr, es ist keyn ander Gott,
der vor vns streittet in der nodt,
dann du, vnser Gott, alleyne.
Güttyger Gott, wir bitten dich,
gyb fryden in vnserm leben.
Verleyh vns dein hilff gnediglich,
den feynden zu wyderstreben.
Denn niemant ist in dieser weit,
der fryden gybt vnd syg erhelt,
denn du, vnser Gott, alleyne.
Gnediger Gott, wir bitten dich,
laß vns in dem fryden sterben,
Erzeyg dich vns ganz vätterlich,
das wir endtlich nicht verderben.
Durch Jesum Christum vnsern Herrn
im heylgen geyst wir das begern
von dir, vnserm Gott, alleyne.
Eyniger Gott, wir bitten dich,
du wöllest das nit sehen an,
Das wir also vielfalttiglich
den unfryden verschuldet Han.
Mach vns von allen funden rein,
so wirdt das Hertz recht frydlich seyn
in dir vnserm Gott alleyne.
Starcker Herr Gott, wir bitten dich,
gyb fryden vnserm Hertzen;
Gyb fryd hie vnd dort ewiglich
wider die hellischen schmertzen.
Gyb vns hertzliche eynickeyt
vnd die ewige selickeyt,
welche in dir steht alleyne.
Bone's Lesebuch II. Th. 9. Aust.
2. Der 46. Psalm.
(AuS dem luther. Gesangbuche von 1545; soll von
Luther 1530 in Coburg gedichtet sein.)
EJn feste bürg ist vnser Gott,
ein gute wehr vnd waffen,
Er hilfft vns frey aus aller not,
die vns itzt hat betroffen.
Der alt böse feind
mit ernst ers itzt meint,
gros macht vnd vil list
sein grausam rüstuug ist,
aufs erd ist nicht seins gleichen.
Mit vnser macht ist nichts gethan,
wir sind gar bald verloren:
| Es streit für vns der rechte man,
den Gott hat selbs erkoren.
Fragstu, wer der ist?
i er heisst Jhesus Christ,
der Herr Zebaoth,
vnd ist kein ander Gott,
das seit mus er behalten.
Vnd wenn die weit vol Teuffel wer
vnd molt vns gar verschlingen,
So fürchten wir vns nicht so sehr,
es sol vns doch gelingen.
Der Fürst dieser welt,
wie sawr er sich stelt,
thut er vns doch nicht,
das inacht, er ist gericht,
ein wörtlin kann jn selten.
Das wort sie füllen lassen stan
vnd kein danck dazu haben.
Er ist bei vns wol anst dem plan
mit seinem Geist vnd gaben.
' Nemen sie den leib,
gut, ehr, kind vnd Weib:
las fahren dahin,
sie Habens kein gewin,
das Reich mus vns doch bleiben.
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