Full text: Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen der Volksschule

Frankreichs . ' 201 
gebenbeit von nachtheiligen Folgen für das französische Reich, und legte 
den Grund zu den vielen folgenden Kriegen mit England. 
Noch vor Ablauf des uten Jahrhunderts hatte Peter der Ein¬ 
siedler, de?' das Grab Jesu in Palästina besucht hatte, durch starke 
Schilderung ter großen Bedrückungen, welche die Christen dort von den 
Türken erlitten/-tue Gemüther der Franzosen entstammt. DerPabstermà-- 
te die europäischen Christen, ihren Brüdern in Auen zu Hülfe zu eilen. Vie¬ 
le tausend Franzosen aus allen Ständen vereinigen sieh zu dem ersten 
Kreuzzug, der zwar mit der Eroberung Palästinas und der Erhebung 
eines deutschen Herzogs, Gottfried von Bouillon zum König 
von Jerusalem sich endigte, aber doch den weit größern Theil der Kreuz¬ 
fahrer sein Grab dort finden ließ. Mehrmals wurden in der Folge diese 
Zuge 'in Gemeinschaft mit andern Nationen wiederholt, doch stets mit 
Verlust von Hunderttausenden. Mch die Religion gewann wenig bey 
diesen Europa entvölkernden Kriegen: dagegen wurde die stärkere Verbin¬ 
dung beider Welttheile durch die Handlung ein zufälliger Gewinn der¬ 
selben. 
König Philip August stellte gemeinschaftlich mit dem König 
von England einen Kreuzzug an (1190), überfiel aber bey seiner frü¬ 
hern Rückkehr die Länder desselben, und brachte durch diese eben nicht 
ehrliche Handlungsweise die Normandie an sein Haus. Noch weni¬ 
ger bewies er sich als Vater seines Volks, da er dem Pabst erlaubte, ei¬ 
nen Kreuzzug gegen einen Theil seiner eigenen Unterthanen, die des Irr¬ 
glaubens beschuldigt würden, gegen die Albingcnser, zu predigen. — 
Ludwig 9 erwarb sich durch zwei andere>Kreu;züge, denen er in eige¬ 
ner Person beiwohnte, den Namen des Heiligen^ In dem ersten der¬ 
selben geriet!) er in die Gefangenschaft der Araber, und in dem zweiten 
starb er an einer ansteckenden Krankheit, die zugleich einen großen Theil 
seines Heers dahinraffte. 
In dieser Zeit bildete sich auch der Ritt er stand in Frankreich 
recht aus. Die Ritter hatten die doppette Verpflichtung, nicht nur im 
Kriege Muth gegen den Feind, sondern auch im Lande sich a!s die Be¬ 
schützer der Unterdrückten zu beweisen. Auch die Kreuzzüge hatten die 
Veranlassung zur Entstehung mehrerer Ritterorden gegeben. Einer 
derselben, die Tempelherren, wurde unter der Regierung König 
Philips des Schönen wegen angeschuldigter, aber nicht überwie¬ 
sener Verbrechen grausam verfolgt und unterdrückt. Die Reichthümer 
des Ordens hatten den Neid geweckt. Mehr zur Ehre gereicht es dem 
Könige, daß er den Fürsten Europas das Beispiel gab, den Anmaßungen 
des Pabstes mit Entschlossenheit sich zu widersetzen. Er ließ sich mcht 
durch den Bannstrahl, womit er drohte, schrecken, sondern ihn sogar ge¬ 
fangen nehmen. Auch trachte er es dahin, daß die Päbste ihren Sitz 
nach Avignon verlegen mußten, wodurch sie gewissermaßen abhängig 
von Frankreich wurden (1305). 
Kriege mit England, die nur zuweilen durch kurze Friedensschlüsse 
unterbrochen wurden, machten die Regierung der folgenden Könige sehr 
unruhig. Meistens endigten sich diese*Kriege unglücklich für Frankreich. 
Nie war indessen dre Gefahr so groß gewesen, als zu Karls 6 Feiten. 
Während einer traurigen Gemüthskrankheit dieses Königs, und innerer 
Streitigkeiten der Großen, selbst königlicher Prinzen, war der größere 
Theil Frankreichs in die Hände der Engländer gefallen. So standen die 
Sachen unter Karls Sohn, Karl 7, als dre Erscheinung eines Land¬ 
mädchensmus Champagne Iossanne von Arc^ die unter der Be¬ 
nennung der Jungfrau von Orleans noch bekannter geworden
	        
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