510
Aus dem Spanischen: Lope de Bega.
16. Und sagt ihm: Gottfried, sieh die Zeit Und Gottfried, ob dem Glanz, ob dem Be¬
erscheinen, fehle,
Die wieder Raum den Kriegesthaten schasst. Steht da, geblend'ten Aug's, erstaunter Seele.
Warum noch säumst du länger mit den Deinen,
Jerusalem zu ziehn aus schnöder Haft? 18. Doch als er sich gefaßt, und klar
Eil' in den Rath, die Fürsten zu vereinen, ergründet,
Und sporn' ans Ziel die träggewordne Kraft. Wer kam, wer sandt', und was zu ihni er-
Gott will zu ihrem Führer dich erheben, scholl:
Auch werden sie sich selbst dir untergeben. Da wünscht' er erst, fühlt' er sich ganz ent¬
zündet,
17. Gott schickt als Boten mich, dir zu Den Krieg zu enden, den er lenken soll.
berichten, Nicht daß sein Herz, weil ihm die Gunst ver-
Was er beschloß. Wie hoffest du mit Fug kündet,
Nun sichern Sieg! Wie groß sind deine Pflichten Die ihm der Himmel schenkt, von Ehrsucht
Für jenes Heer, das er dir übertrug! — schwoll;
Er schwieg, verschwand und lenkte zu den lichte^ Doch fühlt er, daß sein Wille sich entflamme
Glücksel'gen Höh'n des Himmels seinen Flug; In dem des Herrn, wie Funken in der Flamme.
»X. Aus dem Spanischen.
Spanien ist immer ausgezeichnet gewesen durch den Reichthum voll wissenschaftlichen wie poetischen Wecken.
ES blühte daselbst die Lateinische Literatur unter den Römern, die Arabische unter den Omajaden, und schon im
12. Jahrh, fand der große Cid (ff 1099) seine Sänger in der Castilischen Landessprache. Die Spanische Sprache
bildete sich, wie die Italiänische, in verschiedenen Dialekten aus der Römischen Volkssprache (lingua Romana rustica)
unter dem Einflüsse der verschiedenen Stammdialekte und der Fremdlinge, namentlick der Germanen und der
Araber. Seitdem 15. Jahrh. übten die Italiänischen Dichter einen großen Einfluß auf die Gestaltung der Spanischen
Poesie. Die namhaftesten Dichter aus der reichen Spanischen Literatur sind: Cervantes (1547—1616; schrieb
den Don Quixote!; Lope de Vega (1562—1635; soll 2200 dramatische Gedichte geschrieben haben); Cal-
deron (1601—1687, die Blüte des Drama, reich an Stoffen und Formen, an Glanz und Tiefe).
1. Aus Lope de Vega.
Die höchste Schule. (Uebersetzt von Diepenbrock.)
Des Wissens Gier, von allen Seelentrieben
Der unersättlichste, hat mich im Dienste
Der Wissenschaften und der hohen Künste
So viele Jahre rastlos umgetrieben.
Was ist mir nun als Frucht und Lohn geblieben?
Statt lautrer Wahrheit fand ich Hirngespinste,
Statt neuen Lichtes trübe Nebeldünste;
Mein Herz blieb leer, blieb arm an Glauben, Lieben.
O Eitelkeit des wißbegierigen Strebens! -
Herr, laß nun auf dein Kreuz den Blick mich kehren,
Dort seh' ich höchste Kunst und Weisheit sprossen.
Doch, angenagelt, kannst so viel du lehren?
Ja! denn du hast am Kreuz dich ganz erschlossen,
O Christus, ew'ge Weisheit, Buch des Lebens'
2. 2tus Catderon»
Aus dem Drama: „Der standhafte Prinz." (Uebersetzt von A. W. v. Schlegel.)
Prinz Fernando als Gefangener vor dem Könige von Fez. (Die Assonanz in u zu beachten.)
Herr und König, hör' nrich ruhig!
König nannt' ich dich, obwohl du
Es in fremder Lehre wurdest.
So erhaben ist der Könige
Göttlichkeit, so unbezwungen,
Daß sie milden Sinn erzeuget;
Darum mit dem edlen Blute
Muß bei dir die Mild' und Weisheit
Auch nothwendig stehn im Bunde.
Selbst beim Vieh und wilden Thieren