II. Die neueste Zeit 1815—1874.
§ 135.
Innere Kämpfe in Spanien, Portugal und Italien.
Die nach dem Sturze der napoleonischen Herrschaft an die
Spitze der europäischen Angelegenheiten tretenden fünf Groß-
mächte: England, Frankreich, Oestreich, Preußen und Rußland
wußten längere Zeit den Frieden zwischen den einzelnen Staaten
aufrecht zu erhalten; doch wurde in mehreren derselben die innere
Ruhe durch Aufstände und heftige Parteikämpfe gestört. Zunächst
wurden die Staaten im südlichen Europa der Schauplatz
von Thron- und Verfassungsstreitigkeiten, die bis zum Bürger-
kriege führten.
1. Spanien gerieth unter Ferdinand VII. (§ 130), der
die von den Cortes 1812 dem Lande gegebene Verfassung aufhob
und die Inquisition und Tortur wieder einführte, in innere Wir-
reit, unter welchen der Wohlstand des Landes immer tiefer fank.
Durch einen Aufstand im Heere wurde der König zwar gezwungen,
die Cortesverfafsuug anzunehmen (1820); allein eine auf Beschluß
des Cougresses zu Verona (1822) in Spanien einrückende
französische Armee bewirkte die Wiederherstellung der uuumschräuk-
ten Königsgewalt. Doch dauerten die Unruhen im Lande fort,
Handel und Gewerbe stockten, die Geldngth nahm stets zu. Nach
Ferdinands Tode (1833) brach ein Bürgerkrieg über das
unglückliche Land herein. Der König hatte nämlich (unter dem
Einfluß seiner vierten Gemahlin Christine von Neapel) das
sogenannte salische Gesetz, welches das weibliche Geschlecht
von der Thronfolge ausschließt, aufgehoben und seine Tochter
Jsabella zu seiner Nachfolgerin bestimmt. So wurde, als Ferdi-
nand starb, mit Umgehung seines Bruders Don Carlos, die
dreijährige Jsabella II. unter der Regentschaft ihrer Mutter
Christine Königin von Spanien. Allein Don Carlos nahm den
Königstitel als Karl V. an, einige Provinzen erklärten sich für
ihn, und zwischen den Carlisten und den Anhängern der Königin
(Christinos) entstand ein Krieg, der sieben Jahre lang das Land
zerrüttete. Erst 1840 endete der Kampf mit dem durch den Ge-
Andrä, Grundritz der Weltgeschichte. lOte Auflage. 17