Full text: Dichtungen der neueren Zeit

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II. Zweiter Zeitraum. C. Die Lyrik. 
11. Deutsches Gebet. (Vor 18?0.) 
1. Herr, der Abend macht uns bange, 
Der allmählich uns beschleicht, 
Deine Stimme schweigt schon lange, 
Und die Schmach hat uns erreicht. 
4. Send' ihn aus als Friedensboten, 
Seiner Ankunft harrt die Welt, 
Mitten unter die Bedrohten 
Stelle sein gefürchtet Zelt. 
2. Krieg und Zwietracht allerwege 
Hat uns tief in Not gebracht, 
Daß der Sturm sich endlich lege, 
Liegt allein in deiner Macht. 
3. Laß die Schmach nicht ewig dauern, 
Wir verzagen schon zu sehr, 
Daß die Völker nimmer trauern, 
Einen Helden schicke her. 
5. Salb' ihm gnädig Haupt und Hände, 
Brust und Arm ihm wappne du, 
Daß er herrlich es vollende, 
Gieb ihm deinen Schreck dazu. 
6. Wirke du durch seine Werke, 
Du in deiner Glorie Licht, 
Gieb ihm du der Engel Stärke, 
Daß er alle Fesseln bricht. 
12. An Deutschland. (1870.) 
1. Sei gegrüßt, du Heldenwiege, 
Land der Milde, Land der Kraft! 
Stets erringe neue Siege, 
So im Frieden, so im Kriege, 
Durch den Geist, der in dir schafft! 
2. Ehre deinem greisen Helden, 
Den des Reiches Wille kürt, 
Der, gestärkt vom Herrn der Welten, 
Treu' mit Treue zu vergelten, 
Hohen Sinns das Scepter führt! 
3. Deine Fürsten, wohlberaten, 
Ruhn im Schirme seiner Hand, 
Und sie segnen seine Thaten, 
Wenn sie über reiche Saaten 
Schauen in ihr glücklich Land. 
4. Wohl ergeh' es deinen Stämmen, 
Die ihr freies Feld bebau'n, 
Von der Alpen wilden Kämmen 
Zu der Marschen letzten Dämmen, 
Gott mit allen deutschen Gan'n! 
5. Er behüte deine Masten, 
Die auf schwanker Woge gehn: 
Wo die fernsten Schiffe rasten, 
Einzutauschen fremde Lasten, 
Laß auch deine Wimpel wehn! 
6. Ruhm bedecke deine Heere, 
Deiner Marken trutz'gen Wall! 
Hort des Friedens, Hort der Ehre, 
Durch die Länder, durch die Meere, 
Gehe deines Namens Schall! 
Ernst von Wildenbruch. 
(Geb. 1845, vergl. S. 234 f.) 
1. Windstille. 
1. Heiß aus den Wassern brütet die Sonne, 
Dumpf an den Ankern träumen die Schiffe, 
Brennende Lüfte saugen die Erde, 
Und meine Segel dürsten nach Wind.
	        
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