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fiel; aber ihr wißt wohl, wie es einem geht, wenn man ein
junger Bursche ist; das Geld fliegt fort, und so mußte ich schon
wieder an Bord.
Es war ein schönes Fahrzeug, eben vom Stapel gelaufen
und gehörte dem Kapitän. Letzterem sah man auf den ersten
Blick den tüchtigen Seemann an; gegen die Mannschaft war er
gut, verstand aber auch, sie in Ordnung zu halten; dabei gab es
vortreffliches Essen und hohes Monatsgeld — was konnte mir
also weiter fehlen'?
Nur die Mannschaft selbst wollte mir nicht recht gefallen.
Es war wildes, zusammengelaufenes Volk aus aller Herren
Ländern, das sich aus Gott und der Welt nichts machte und den
ganzen Tag lästerte und fluchte. Anfänglich kehrte ich mich nicht
daran und dachte: mit den Wölfen muß man heulen; ich wunderte
mich jedoch, daß auf einem so schönen Schiffe sich kein ordentlicher
Matrose verheuert hatte.
Hätte ich freilich den Grund gewußt, so würde ich keinen
Fuß auf das Fahrzeug gesetzt haben; aber als ich die nähern
Umstände erfuhr, war es zu spät; ich konnte nicht mehr fort
und mußte die Reise mitmachen.
Der Kapitän war nämlich bei allen seinen guten Eigenschaften
ein sogenannter Freigeist, sprach verächtlich von dem seemännischen
"Aberglauben", lachte über die Furcht vor dem Freitagssegeln,
nannte den „Klabautermann" und den „Kraken" Ammenmärchen
und den „Fliegenden Holländer" unsinniges Geschwätz. Um, wie
er sagte, dem Aberglauben so recht auf den Kops zu treten, hatte
er sein Schiff nicht nur „Freitag" getauft, sondern auch an
einem Freitag es vom Stapel laufen lassen.
Das Allerschlimmste kam aber noch. Wir segelten Mittwoch
in der Osterwoche.au8 Vlissingen. Das Schiff war seeklar, der
Wind gut. aber wir gingen nicht etwa in See — nein, der
Kapitän legte sich ruhig auf der Schelde vor Anker und wartete
bis Karfreitag morgen, dann erst lief er in die Nordsee aus.
Äa. er rühmte sich auch noch damit und sagte, er wolle es dem
Fliegenden Holländer nachmachen, hoffe aber weiter als bis zum
'Kap der Guten Hoffnung zu kommen.