Full text: Lesebuch zur Weltpolitik

24 I. AuswärtigePolitik Deutschlands im Zeitalter Bismarcks 
tischen Interesses und seiner Gefahren ein unentbehr¬ 
liches Unterfutter für geschriebene Verträge ist, wenn 
sie haltbar sein sollen. Für eine ruhige und erhaltende 
österreichische Politik ist das deutsche Bündnis das 
nützlichste. 
Die Gefahren, die für unsere Einigkeit mit Österreich 
in den Versuchungen russisch-österreichischer Verstän¬ 
digungen im Sinne der Zeit von Joseph II. und 
Katharina oder der Reichstadter Konvention und ihrer 
Heimlichkeit liegen, lassen sich, soweit das überhaupt 
möglich ist, paralysieren, wenn wir zwar fest auf Treue 
gegen Österreich, aber auch darauf halten, daß der Weg 
von Berlin nach Petersburg freibleibt. Unsere Aus¬ 
gabe ist, unsere beiden kaiserlichen Nachbarn in Frieden 
zu erhalten. Die Zukunft der vierten großen Dynastie 
in Italien werden wir in demselben Maße sicherzu¬ 
stellen imstande sein, in dem es uns gelingt, die drei 
Kaiserreiche einig zu erhalten und den Ehrgeiz unserer 
beiden östlichen Nachbarn entweder zu zügeln oder in 
beiderseitiger Verständigung zu befriedigen. Jeder von 
beiden ist für uns nicht nur in der europäischen Gleich¬ 
gewichtsfrage unentbehrlich — wir konnten keinen von 
beiden missen, ohne selbst gefährdet zu werden, — son¬ 
dern die Erhaltung eines Elements monarchischer Ord¬ 
nung in Wien und Petersburg, und auf der Basis 
beider in Rom, ist für uns in Deutschland eine Auf¬ 
gabe, die mit der Erhaltung der staatlichen Ordnung 
bei uns selbst zusammenfällt. 
Der Vertrag, den wir mit Österreich zu gemein¬ 
samer Abwehr eines russischen Angriffs geschlossen haben, 
ist xublioi .juris. Ein analoger Defensivvertrag zwischen
	        
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