Full text: Die deutsche Dichtung des 19. Jahrhunderts in ihren Hauptvertretern

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So hätt' ich, einem Trieb der Neugier folgend, 
Mit diesem Träumer harmlos nicht gescherzt. 
Mithin behaupt' ich, ganz mit gleichem Recht, 
Der sein Versehn veranlaßt hat, warst du! — 
Die delphsche Weisheit meiner Offiziere! 
Hohz. Es ist genug, mein Kurfürst! Ich 
bin sicher, 
Mein Wort fiel, ein Gewicht, in deine Brust! 
6. Auftritt. 
(Ein Offizier tritt auf. — Die Vorigen.) 
Offizier. Der Prinz, o Lerr, wird augen- 
blicks erscheinen! 
Kurf. Wohlan! Laßt ihn herein! 
Offizier. In zwei Minuten! — 
Er ließ nur flüchtig, im Vorübergehn, 
Durch einen Pförtner sich den Kirchhof öffnen. 
Kurs. Den Kirchhof? 
Offizier. Ja, mein Fürst und Herr! 
Kurf. Weshalb? 
Offizier. Die Wahrheit zu gestehn, ich 
weiß es nicht; 
Es schien, das Grabgewölb wünscht' er zu 
sehen, 
Das dein Gebot ihm dort eröffnen ließ. 
(Die Obersten treten zusammen und sprechen mit¬ 
einander.) 
Kurf. Gleichviel! Sobald er kömmt, laßt 
ihn herein! 
(Er tritt wieder an den Tisch und sieht in die Papiere.) 
Graf Truchß. Da führt die Wache schon 
den Prinzen her. 
7. Auftritt. 
(Der Prinz von Lomburg tritt auf. — Ein Offizier mit 
Wache. — Die Vorigen.) 
Kurf. Mein junger Prinz, Euch ruf' ich 
mir zu Hilfe! 
Der Obrist Kottwitz bringt zugunsten Eurer 
Mir dieses Blatt hier, schaut, in langer Reihe 
Von hundert Edelleuten unterzeichnet; 
Das Leer begehre, heißt es, Eure Freiheit 
And billige den Spruch des Kriegsrechts 
nicht. — 
Lest, bitt' ich, selbst und unterrichtet Euch! 
(Er gibt ihm das Blatt.) 
Prinz von Homburg (nachdem er einen Blick 
hineingetan, wendet er sich und sieht sich im 
Kreise der Offiziere um). Kottwitz, gib deine 
Land mir, alter Freund! 
Du tust mir mehr, als ich am Tag der 
Schlacht 
Am dich verdient! Doch jetzt geschwind geh hin 
Nach Arnstein wiederum, von wo du kamst. 
And rühr dich nicht; ich hab's mir überlegt. 
Ich will den Tod, der mir erkannt, erdulden! 
(Er übergibt ihm die Schrift.) 
Kottw. (betroffen). Nein, nimmermehr, 
mein Prinz! Was sprichst du da? 
Hohz. Er will den Tod — ? 
Graf Truchß. Er soll und darf nicht 
sterben! 
Mehrere Offiziere (vordringend). Mein 
Herr und Kurfürst! Mein Gebieter! Äör 
uns! 
P. v. H. Ruhig! Es ist mein unbeug¬ 
samer Wille! 
Ich will das heilige Gesetz des Kriegs, 
Das ich verletzt' im Angesicht des Heers, 
Durch einen freien Tod verherrlichen! 
Was kann der Sieg euch, meine Brüder, 
gelten. 
Der eine, dürftige, den ich vielleicht 
Dem Wrangel noch entreiße, dem Triumph 
Verglichen über den verderblichsten 
Der Feind' in uns, den Trotz, den Äbermut, 
Errungen glorreich morgen? Es erliege 
Der Fremdling, der uns unterjochen will. 
And frei auf mütterlichem Grund behaupte 
Der Brandenburger sich; denn sein ist er. 
And seiner Fluren Pracht nur ihm erbaut! 
Kottw. (gerührt). Mein Sohn! Mein 
liebster Freund! Wie nenn' ich dich? 
Graf Truchß. O Gott der Welt! 
Kottw. Laß deine Land mich küffen! 
(Sie drängen sich um ihn.) 
P. v. H. (wendet sich zum Kurfürsten). Doch 
dir, mein Fürst, der einen süßern Namen 
Dereinst mir führte, leider jetzt verscherzt. 
Dir leg' ich tiefbewegt zu Füßen mich! 
Vergib, wenn ich am Tage der Entscheidung 
Mit übereiltem Eifer dir gedient: 
Der Tod wäscht jetzt von jeder Schuld mich 
rein. 
Laß meinem Herzen, das versöhnt und heiter 
Sich deinem Rechtsspruch unterwirft, den 
Trost,
	        
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