Allgemeines Menschenleben.
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machen beabsichtigt, nie an freudiger Begeisterung für diesen Beruf fehlen möge,
das ist der Wunsch jedes Vaterlandsfreundes.
August von Reinhardt, In dem Sammelwerk: Schassen und Schauen. Leipzig,
Teubner. 1911, S. 203.
33. Der Krieg und sein Wesen.
Gegensätze im Völkerverkehr können friedlich geschlichtet werden, aber wenn
die Verhandlungen nicht zum Ziele führen, so kommt's zum Krieg. Der ist
immer schlimm und seit alten Zeiten finden sich Stimmen, die ihn verwerfen.
Euripides schalt einst:
Wie töricht seid ihr Menschen doch! Ihr schmiedet selbst
Die scharfen Speere und schlagt euch Wunden. Haltet ein
Und endet die blut'gen Kriege! Wohnet friedlich doch
In Stadt und Land! Die Lebensfreude ist ja kurz,
So flieht den Streit lind lebt in Freude, weil ihr lebt!
Aber Moltke schrieb im Jahre 1881 an einen Südfranzosen:
„Sie erklären den Krieg bedingungslos für ein Verbrechen, wenn auch eiw
in Versen besungenes; ich halte ihn für ein letztes, aber vollkommen gerecht¬
fertigtes Mittel das Bestehen, die Unabhängigkeit und die Ehre eines Staates
zu behaupten. Hoffentlich wird dieses Mittel bei fortschreitender Kultur immer
seltener in Anwendung kommen, aber ganz darauf verzichten kann kein Staat.
Ist doch das Leben des Menschen, ja der ganzen Natur ein Kampf des Werdenden
gegen das Bestehende und nicht anders gestaltet sich das Leben der Völker¬
einheiten. Wer wird in Abrede stellen, daß jeder Krieg, auch der siegreiche, ein
Unglück für das eigene Volk ist; denn kein Landerwerb, keine Milliarden können
Menschenleben ersetzen und die Trauer der Familien aufwiegen. Aber wer vermag
in dieser Welt sich dem Unglück, wer der Notwendigkeit zu entziehen?"
und in einem Briefe an den bekannten Staatsrechtslehrer Blnntschli:
„Der ewige Friede ist ein Traum und nicht einmal ein schöner und der
Krieg ein Glied in Gottes Weltordnung. In ihm entfalten sich die edelsten
Tugenden des Menschen, Mut und Entsagung, Pflichttreue und Opferwilligkeit
mit Einsetzung des Lebens. Ohne den Krieg würde die Welt im Materialismus¬
versumpfen."
Als die Stunde kam, da die deutsche Einheit geschmiedet werden konnte,
da klirrten die Waffen und mußten klirren, mochten die Friedensfreunde zischen
und klagen. Für die meisten genügt schon die Erwägung: selbst im Privatleben
behauptet sich der Satz: wer eine Ohrfeige ruhig einsteckt, hat auch noch für
mehr Platz und erhält sie todsicher.
Furchtbar ist jeder Krieg, furchtbar ist der Krieg auch in unserer Zeit, aber
einst brannten die Leidenschaften doch noch heißer als heute. Jedes Volk hatte
in alter Zeit die Neigung sich für das auserwählte Volk zu halten und in dem
Nachbarn einen Barbaren, einen Feind und Verbrecher zu sehen und, ergab sich