Geschichte. 
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schloß, Imperator und Triumphator geworden und hatte nächst Sulla den ersten 
Platz in der öffentlichen Meinung, ja von dem läßlichen, halb anerkennenden, 
halb ironischen Regenten selbst den Beinamen des Großen sich erworben. Zum 
Unglück entsprach seine geistige Begabung diesen unerhörten Erfolgen schlechter¬ 
dings nicht. Er war kein böser und kein unfähiger, aber ein durchaus gewöhn¬ 
licher Mensch, durch die Natur geschaffen ein tüchtiger Wachtmeister, durch die 
Umstände berufen Feldherr und Staatsmann zu sein. Ein einsichtiger, tapferer 
und erfahrener, durchaus vorzüglicher Soldat war er doch auch als Militär 
ohne eine Spur höherer Begabung; als Feldherr wie überhaupt ist es ihm 
eigen mit einer an Ängstlichkeit grenzenden Vorsicht zu Werke zu gehen und 
womöglich den entscheidenden Schlag erst dann zu führen, wenn die ungeheuerste 
Überlegenheit über den Gegner hergestellt ist. Seine Bildung ist die Dutzend¬ 
bildung der Zeit; obwohl durch und durch Soldat, versäumte er es dennoch 
nicht, als er nach Rhodos kam, die dortigen Redekünstler pflichtmüßig zu be¬ 
wundern und zu beschenken. Seine Rechtschaffenheit war die des reichen Mannes, 
der mit seinem beträchtlichen ererbten und erworbenen Vermögen verständig 
Haus hält; er verschmähte es nicht in der üblichen senatorischen Weise Geld zu 
machen, aber er war zu kalt und zu reich um deswegen sich in besondere Ge¬ 
fahren zu begeben und hervorragende Schande sich aufzuladen. Die unter seinen 
Zeitgenossen im Schwange gehende Lasterhaftigkeit hat mehr als seine eigene 
Tugend ihm den — relativ allerdings wohl gerechtfertigten — Ruhm der Tüch¬ 
tigkeit und Uneigennützigkeit verschafft. Sein ehrliches Gesicht ward fast 
sprichwörtlich und noch nach seinem Tode galt er als ein würdiger und sittlicher 
Mann; in der Taf war er ein guter Nachbar, welcher die empörende Sitte der 
Großen jener Zeit ihre Gebietsgrenzen durch Zwangskäufe oder noch Schlimmeres 
auf Kosten der kleinern Nachbarn auszudehnen nicht mitmachte, und zeigte er 
im Familienleben Anhänglichkeit an Frau und Kinder; es gereicht ihm ferner 
zur Ehre, daß er zuerst von der barbarischen Sitte abging die gefangenen feind¬ 
lichen Könige und Feldherrn nach ihrer Aufführung im Triumph hinrichten zu 
lassen. Aber das hielt ihn nicht ab, wenn sein Herr und Meister Sulla befahl, 
sich von der geliebten Frau zu scheiden, weil sie einem verfemten Geschlecht ange¬ 
hörte, und auf desselben Gebieters Wink Männer, die ihm in schwerer Zeit hilf¬ 
reich beigestanden hatten, mit großer Seelenruhe vor seinen Augen hinrichten zu 
lassen; er war nicht grausam, wie man ihm vorwarf, aber, was vielleicht 
schlimmer ist, kalt und im Guten wie im Bösen ohne Leidenschaft. Im Schlacht¬ 
getümmel sah er dem Feinde das Weiße im Auge; im bürgerlichen Leben war 
er ein schüchterner Mann, dem bei der geringsten Veranlassung das Blut in die 
Wangen stieg und der nicht ohne Verlegenheit öffentlich sprach, überhaupt eckig, 
steif und ungelenk im Verkehr war. Bei all seinem hoffärtigen Eigensinn war 
er, wie ja in der Regel diejenigen es sind, die ihre Selbständigkeit zur Schau 
tragen, ein lenksames Werkzeug in der Hand derjenigen, die ihn zu nehmen ver¬ 
standen, namentlich seiner Freigelassenen und Klienten, von denen er nicht
	        
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