Full text: Deutsches Lesebuch für die Obersekunda der höheren Lehranstalten

ur Kulturgeschichte. 
1. Die Seevölker des Altertums. 
von Georg rvislicenus: Deutschlands Seemacht sonst und jetzt. 1896. F. 1 fl. Gekürzt. 
Thatkräftige Völker streben dem Meere zu; das weite Wasser bietet 
natürliche Straßen zwischen allen Ländern der Erde und verbindet die ent> 
ferntesten Küsten mit einander. Die Geschichte der Seefahrt ist die Geschichte 
der menschlicher: Entwicklung. Gebirgsbewohner und Steppenvölker ändern 
ihre Lebensweise selteri freiwillig urrd fügen sich auch äußern, selbst gewaltsamen 
Einwirkungen nur widerstrebend. Auch den seßhaften Ackerbauern fehlt der 
Trieb, die Lebens- und Arbeitsgewohnheiten zu ändern, solange ihr Grund 
rmd Boden ausreichende Nahrung spendet. Hat aber der Bauer viele Söhne, 
so wird das väterliche Erbe zu klein, die Nachkommen müssen andere Thätig¬ 
keit suchen, um ihr und ihrer Sippe Leben zu fristen. Handwerk und Handel 
entstehen nun, und damit erwacht der Wunsch nach Verkehr, um das Absatz¬ 
feld zu erweitern. Alsbald beginnt auch die Lage der Ansiedlung Einfluß 
auf die Entwicklung zu gewinnen. Wer an den Ufern eines Flusses oder 
eines Binnensees sitzt, kann auf Flößen und Booten zu den Nachbar¬ 
siedelungen fahren und kann die Tragkraft des Wassers zum Schleppen von 
Lasten aller Art ausnutzen. Am lebhaftesten entwickelt sich der Verkehr ans 
den großen und tiefen Flüssen; die Ansiedelungen an den Usern der Haupt- 
ströme wachsen am schnellsten zu ausgedehnten, blühenden Gemeinwesen, zu 
Städten an. Sv liegen die ältesten Kulturstätten aus der Kindheit des 
Menschengeschlechts in: Gebiete der großen Ströme: das ägyptische Pharaonen¬ 
reich hat den Nil zum Vater, am Euphrat und Tigris entstand das 
babylonische Reich; Indien und China verdanken ihre hohe Kultur in früher, 
für uns vorgeschichtlicher Zeit der Flußschiffahrt. Auch in allen andern 
Ländern mit thatkräftiger Bevölkerung findet man die wichtigsten ältesten 
Städte an den Usern großer Flüsse. 
Die Flußfahrten werden allmählich bis zu den Mündungen ausgedehnt, 
der Binnenschiffer entdeckt die große Wasserwüste und wird zum Küstenfahrer; 
dem Lande bleibt er auf seinen Fahrten noch lange nahe, weil ihm noch die 
Mittel fehlen, den Pfad über das Meer nach unsichtbaren und unbekannten 
Ländern hin zu finden. Auch da, wo keine Flüsse münden, entwickelt sich 
an den bewohnten Küsten, die durch Bnchtungen und vorgelagerte Bänke oder 
Inseln Schutz gegen den gefährlichen Seegang, den mächtigen Wellenschlag 
Biese, Deutsches Lesebuch für Obersekunda. 1
	        
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