Full text: Deutsches Lesebuch für die Obersekunda der höheren Lehranstalten

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Zur Kulturgeschichte. 
Flottenführer und Konsul Casus Duilius, der beim Vorgebirge Mylä 
260 vor Chr. den ersten Seesieg über das seebeherrschende Karthago erfocht. 
Durch diesen Sieg, der auch mit gebührendem Verständnisse gefeiert wurde, 
war Rom zu einer Seemacht geworden. Beim Berge Eknomos an der 
sizilianischen Westküste erkämpfte die römische Kriegsflotte, die inzwischen 
dreihnndertunddreißig gedeckte Schiffe kriegsbereit hatte, den zweiten großen 
Seesieg (256 vor Chr.). Obwohl ihnen im weiteren Kriegsverlaufe zweimal 
große Flotten bnrcs; Stürme zerstört wurden, sie auch ein paar Niederlagen 
erlitten, hielten die Römer zäh daran fest, den Karthagern vor allen Dillgen 
die Seeherrschaft 51t entreißen. Am Ende des ersten punischen Krieges nach 
dreiundzwauzigjährigem Ringen hatte Rom der alten Seemacht Karthago 
das Scepter Neptuns entwunden; erst zwanzig Jahre darauf war Karthago 
wieder genügend erstarkt, aufs neue den Kampf um die Vorniacht mit Rom 
beginnen zu können. Aber jetzt lvar Karthago im Nachteile, delin Rom 
beherrschte mit einer Kriegsflotte von zweihundertundzwanzig Quinqueremen 
das Meer, nitb Hannibal mußte, weil er feine Flotte hatte, den kühnen Zug 
über die Alpen machen, der sein Heer so schwächte, daß es schließlich den 
Angriff auf Roni llicht wagen durfte. Hülfe konnte ihm weder voll Karthago 
lioch von Philipp von Macédonien, der feine Macht gern auf Jtaliell aus¬ 
gedehnt hätte, gebracht werden, beim — Rom beherrschte die See. „Der 
Mangel einer Kriegsflotte lähmte Philipp in allen seinen Bewegungen", 
schreibt Mommsen, und er erzählt, daß der König in seinem Vordringen auf 
dem Lande innehielt und nach Griechenland zurückkehrte, als das gänzlich 
unbegründete Gerücht entstand, daß eine römische Flotte in das Adriatische 
Meer steure. Der siegreiche Hannibal blieb nur deshalb erfolglos, weil die 
Römer die See beherrschten und die schwächere karthagische Flotte keine See¬ 
schlacht mehr zu schlagen wagte. So gab der ziveite punische Krieg, obgleich 
er ein Landkrieg lvar, auch für Roms Vormacht zur See den Ausschlag, und 
zwar fast ohne Seekampf, lediglich durch die Thatsache, daß es Kriegsschiffe 
in genügender Zahl kriegsbereit hatte. Das sollte auch bei uns mehr und 
mehr beachtet werden, daß schon das Dasein einer kräftigen Kriegsflotte die 
politisch-strategische Lage vollständig ändern kann; die Engländer verstehen 
diesen Umstand mitten im Frieden trefflich zu ihrem Vorteil anszilnutzen. 
Als wichtigste Friedensbedingnng erzwangen die Römer, daß Karthago 
fortan nur zehn Penteren behalten durfte; die ganze karthagische Flotte von 
fast fünfhundert Schiffen wurde verbrannt. In dem kurzen dritten punischen 
Kriege zerstörten die Römer dann Karthago selbst, um seinen trotz aller 
Niederlagen wieder aufgeblühten Seehandel zu vernichten. Schnell bemächtigte 
sich dann Rom der Seeherrschaft über das ganze Mittelmeer; ebenbürtige 
Gegner waren nicht mehr da, und Cäsars Flotten eroberten Britannien. 
Spätere Vernachlässigung des römischen Seewesens erzeugte zwar eine Zeit 
lang kühne Seeräubermächte im Mittelmeer, sie wurden aber von Pompejus
	        
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