§ 97 III. Die Zeit zwischen dem Augsburger Religionsfrieden usw. 201
Sigismund als überlebende Tochter der ältesten, bereits verstorbenen
Schwester Johann Wilhelms. Aber auch der Kurfürst von Sachsen
und der Psalzgraf von Neuburg an der Donau in der bayerischen Ober-
Pfalz machten aus Grund ihrer Verwandtschast Ansprüche aus das Erbe.
Letzterer war der Sohn einer jüngern, noch lebenden Schwester Johann
Wilhelms.
b) Besitzergreifung der Gebiete. Johann Sigismund und
der Neuburgische Wittelsbacher bemächtigten sich sofort nach dem Tode
Johann Wilhelms der Erbschaft. Um alle übrigen Bewerber anszu-
schließen, einigten sie sich im Vertrage zu Dortmund 1609 zur ge¬
meinsame:: Verwaltung des Besitzes bis zur Beilegung des Streites.
Auch der Kaiser, der die Gültigkeit dieses Vertrages nicht anerkannte,
ließ durch den Erzherzog Leopold einzelne Gebiete besetzen. Da ver-
suchten die bevorrechteten Erben einen gütlichen Vergleich anzubahnen.
Wolfgang Wilhelm sollte sich mit der Tochter Johann Sigismunds ver-
mählen; der Plan scheiterte aber, als der Neuburger den ganzen auf
Brandenburg entfallenden Erbteil als Heiratsgut verlangte. Es kam
bei der Zusammenkunft der beiden Fürsten beinahe zu Tätlichkeiten.
Wolfgang Wilhelm vermählte sich bald daraus mit der Tochter
Maximilians von Bayern und trat zur katholischen Kirche über. Da
er infolge dieses Schrittes Aussicht hatte, von der Liga unterstützt zu
werden, nahm Johann Sigismund 1613 das reformierte Bekenntnis
an uud sicherte sich dadurch die Hilfe der Union. Spanische und
holländische Truppen besetzten einzelne Landesteile und saugten das
Land aus.
3. Beilegung des Streites. Da starb 1614 Wolfgang Wilhelms
Vater, der Landgraf Ludwig von Pfalz-Neuburg, und sein Sohn folgte
ihm in der Regierung. Im Vertrage zu Xanten erfolgte in demselben
Jahre eine Teilung der Erbschaft. Nach diesem Vertrage erhielt der
Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg die Herzogtümer Jülich und Berg, der
Kurfürst von Brandenburg die übrigen Besitzungen. Dieser Vertrag
erhielt erst 1666 die kaiserliche Bestätigung. Der Psalzgras von Neu-
bürg hatte die größere und fruchtbarere Hälfte erhalten. Die Pfalz-
gräfliche Linie Neuburg starb 1742 aus) Jülich und Berg wurden mit
der Kurpfalz vereinigt, 1794 von den Franzosen besetzt und auf dem
Wiener Kongresse im Jahre 1814 dem Könige von Preußen zuerkannt,
so daß nunmehr die ganze Jülichsche Erbschaft mit Ausnahme von
Ravenstein zum Preußischen Staate gehört.