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2. Nur fern im Strome noch Bewegung,
Der weit durch's Thal die Fluten rollt:
Es quillt vom Grunde leise Regung
Und Silber säumt sein flüssig Gold.
Dort auf dem Strom noch ziehen leise
Die Schiffe zum bekannten Port,
Geführt vom Fluß im sichern Gleise —
Sie kommen auch an ihren Ort.
3. Hoch oben aber eine Wolke
Von Wandervögeln rauscht dahin;
Ein Führer streicht voran dem Volke
Mit Kraft und landeskund'gem Sinn.
Sie kehren aus dem schönen Süden
Mit junger Lust zum heim'schen Nord,
Nichts mag den sichern Flug ermüden —
Sie kommen auch an ihren Ort!
4. Und du, mein Herz! in Abendstille
Dem Kahn bist du, dem Vogel gleich,
Es treibt auch dich ein starker Wille,
An Sehnsuchtsschmerzen bist du reich.
Sei's mit des Kahnes stillem Zuge,
Zum Ziel doch geht es immer fort;
Sei's mit des Kranichs raschem Fluge —
Auch du, Herz, kommst an deinen Ort!
LXXXIX. Philipp Spitta.
1801, am 1. Aug., in Hannover geboren. Von
1821 an studirte er in Göttingen Theologie,
1830 wurde er Prediger an der Strafanstalt in Hameln,
1837 in Wechold bei Hoya,
1847 Superintendent zu Wittingen im Lüneburg'schen,
1850 in Burgdorf bei Zelle,
1853 in Peine.
1859, am 28. Sept., starb er daselbst.
Spitta gehört zu den bedeutendsten Dichtern geistlicher Lieder.
Unter dem Titel „Psalter und Harfe" sind zwei Sammlungen
derselben erschienen.
1. Geduld.
Spitta, Psalter und Harfe. 30. Ausl. Leipzig, 1866. I. l25.
1. Es zieht ein stiller Engel
Durch dieses Erdenland,
Zum Trost für Erdenmängel
Hat ihn der Herr gesandt.