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lesene hervorragende Gedichte, namentlich von Schiller, zum Zweck der
Wiederholung und Vergleichung zur Hand zu haben.
Im Interesse der Konzentration des Unterrichts schien es aber auch
gelegen zu sein, Gedichte zu berücksichtigen, welche historische Stoffe,
namentlich solche aus der antiken Zeit, behandeln. Auch der vergleichenden
Betrachtung stofflich verwandter Gedichte wurde Rechnung getragen.
Selbstverständlich erscheint, daß auch von anderen als den genannten
Dichtern Gedichte Aufnahme fanden, so z. B. von Körner, Geibel, Rückert*),
sowie daß für die einzelnen Gattungen bezeichnende Muster zu bieten
versucht wurde. Nirgends aber sollte das Bestreben maßgebend sein,
durch Aufnahme neuer oder nur selten in Schullesebüchern gebotener
Gedichte eine eigenartige Sammlung zusammenzustellen; denn „die Schule
hat lediglich die Aufgabe, das, was die bleibende Anerkennung der Er¬
wachsenen als vortrefflich gestempelt hat, den nachkommenden Geschlechtern
zu überliefern."
Hinsichtlich der ausländischen Reimstrophen glaubten wir uns
auf das Wesentlichste beschränken zu müssen; seltenere Formen und vollends
Spielereien können nicht Gegenstand des Unterrichts sein.
Was die Anordnung betrifft, so haben wir die Gedichte nur in
vier Hauptgruppen eingeteilt, um dem Lehrer bei Erklärung der Theorie
möglichste Freiheit zu lassen und den Schüler zu selbständigem Urteil an¬
zuregen. Mischgattungen sind deshalb entweder den epischen oder den
lyrischen Gedichten zugeteilt.
Für die Ausarbeitung des prosaischen Teiles war gleichfalls vor
allem die Bestimmung der bayerischen Schulordnung maßgebend, daß
„die Klassenlektüre sich mit ausgewählten Erzeugnissen der historischen
Prosa zu befassen habe"; ferne lag uns auch hier das Streben, recht ver¬
schiedenartige Lesestücke verschiedener Autoren vorzuführen.
Es wurde in der ersten Abteilung mit Musterstücken aus der römischen
Geschichte begonnen und daran erst die griechische angeschlossen, um einen
leichteren Übergang zur Kulturgeschichte zu gewinnen, und die Reihe
dann durch die deutsche Geschichte bis zur historischen Prosa Goethes
und Schillers fortgesetzt. Schillers Geschichte des 30jährigen Krieges und
des Abfalls der Niederlande wurden, als der Bildungsstufe der Schüler
dieser Kurse und der Absicht der oben erwähnten Bestimmung der bayerischen
Schulordnung am meisten entsprechend, besonders berücksichtigt. Den
Schluß bilden einige Stücke aus dem Gebiete der Kunstgeschichte. Im
*) Freilich mußte manches Brauchbare mit Rücksicht auf den Umfang des
Buches zurückgestellt werden, z- B. eine Auswahl aus den schönen Griechenliedern
von Wilhelm Müller.