Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

von allen Seiten erscholl der Zuruf: „Es lebe der König! Es lebe 
Friedrich der Große!" Der König war ernst und tief bewegt; er grüßte 
nach allen Seiten, sprach mit allen, die seinem Wagen nahe kamen, 
und bemühte sich sorglich, die Zudrängenden vor Schaden zu behüten. 
Den Abend, die ganze Nacht hindurch war die Stadt festlich beleuchtet. 
Tausend verschiedenartige Sinnbilder waren an den Fenstern aufgestellt, 
fast an allen Häusern las man die Inschrift: Vivat Fridericus Magnus! 
Bis zum Morgen zog das Volk jubelnd umher, Freudenschüsse erschollen 
rings durch die Straßen. 
Friedrich war am Abend in Gesellschaft seiner Brüder in die 
Stadt gefahren, um noch einmal den Jubel seines Volkes in Augenschein 
zu nehmen. Doch hatte er dabei ein besonderes, schmerzlich teures 
Geschäft im Sinn. In einem abgelegenen Gäßchen ließ er den Wagen 
halten, trat in ein Haus und stieg die engen Treppen empor. Dort 
wohnte sein alter, treuer Lehrer Dühan. Der Greis hatte nicht zu ihm 
kommen können; denn die letzte Krankheit hielt ihn an sein Lager 
gefesselt. Friedrich trat an das Bett des Sterbenden. 
„Mein lieber Dühan," sprach er, „wie schmerzt es mich, Sie in 
diesem Zustande zu finden. Wollte Gott, ich könnte etwas zu Ihrer 
Wiederherstellung und zur Linderung Ihrer Leiden tun, Sie sollten sehn, 
welche Opfer Ihnen meine Dankbarkeit mit Freuden bringen würde." 
Dühan antwortete: „Ew. Majestät noch einmal gesehen zu haben, 
ist der süßeste Trost, der mir zuteil werden konnte. Nun wird mir 
das Sterben leichter werden." 
Er machte eine Bewegung, die Hand des Königs zu ergreifen und 
zu küssen. Friedrich ließ es nicht zu, sagte ihm im tiefsten Schmerze 
Lebewohl und eilte fort. Am folgenden Morgen starb Dühan. 
II. Der Alliierte. Von «lerner k)Lkn. 
Hans Joachim von Zieten. Berlin 1878. 8. 107. 
>|Yjäi)renb des Siebenjährigen Krieges hatte Friedrich nicht allein 
4*4/ mit den Österreichern, sondern auch mit den Russen, Franzosen, 
Schweden und den deutschen Reichssürsten zu kämpfen. Die Übermacht 
seiner Feinde brachte ihn mehrmals in die schwerste Bedrängnis. Im 
Jahre 1761 standen ihm in Schlesien 60000 Österreicher gegenüber, 
und ein Heer von 70000 Russen rückte heran, um sich mit diesen zu 
verbinden; Friedrich aber hatte kaum 50000 Mann. 
Drei Monate lang wußte Friedrich durch kluge Stellungen, die er 
bald den Russen, bald den Österreichern gegenüber einnahm, zu ver¬ 
hindern, daß sie sich vereinigten. Endlich am 17. August geschah es doch. 
Der König verzweifelte, sich hier noch einmal durchschlagen zu 
können. Er verschanzte sich fest beim Dorfe Bunzelwitz vor Schweidnitz.
	        
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