Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

Regensburg, Salzburg, Wien. Von Baden-Baden bis nach Aachen hinab 
war fast jede warme oder mineralische Quelle bekannt, benutzt und meist 
schon überbaut. Bald wurden die sonnigen User der Mosel und des 
Rheins mit Reben bepflanzt, edlere Obstbäume, feinere und seltnere 
Gartenfrüchte, einen vervollkommneten Ackerbau verdankten diese Gegenden 
den Römern und verbreiteten die Wohltaten auch zu den freigebliebenen 
deutschen Stämmen. Die großen römischen Militär- und Handelsstraßen, 
die teils durch Gallien, teils über die Alpen führten, liefen am Rhein 
und an der Donau aus; aber noch weiterhin gelangte der römische 
Kaufmann aus noch weniger gebahnten und doch wohlbekannten Handels¬ 
wegen bis zur Nord- und Ostsee. Im Inneren Germaniens handelte er 
Pferde und Rinder, Pelzwerk und Felle, Daunen, Wolle, ja, selbst 
Wollengewebe ein. Rauchfleisch, Honig, Rüben, Rettiche wurden nach 
Rom versandt. Spargel, der am Rhein gewachsen war, und einige 
leckere Fischarten aus den deutschen Bächen, wie auch seltene Arten Ge¬ 
flügel, zierten als Leckerbissen die Tafel des römischen Schwelgers. Die 
Ostseeküste lieferte den wertvollen Bernstein, und mit dem deutschen Gold¬ 
haar schmückten sich römische Frauen. 
Die Deutschen bekamen dagegen von Rom den vielbegehrten Gold- 
und Silberschmuck, feinere Kleidung, südlichen Wein. Aber noch enger 
wurde die Verbindung der Germanen mit den Römern durch den Söldner¬ 
dienst, in den jene sich häufig begaben. Schon Cäsar hatte erkannt, wie 
gut die deutsche Kühnheit im römischen Heere zu verwerten sei, schon 
Augustus hatte den Schutz und die Hut seiner Person der Treue deutscher 
Garden am liebsten anvertraut. Dies Dienen im römischen Heere griff 
bald allgemein um sich. Es lag in den deutschen Erbverhältnissen, daß 
die jüngeren Söhne Waffenhandwerk und Beute suchen mußten. Der 
alte deutsche Wander- und Abenteuertrieb wirkte mit, auch erfüllte die 
Pracht und Herrlichkeit des ewigen Rom den nordischen Sohn der 
Wildnis mit ehrfürchtigem Staunen und nahm solchem Dienen jeden 
Vorwurf der Schande. Es kam vor, daß sich deutsche Stämme aus 
Rom ihren Fürsten erbaten, oder daß ein König mit seinem Gefolge, ja, 
daß ein ganzer Volksstamm gegen Land, das ihm eingeräumt wurde, sich 
den Römern zu Kriegsdienst verpflichtete. Deutsche Söldnerscharen 
kämpften neben den Legionen die Schlachten der römischen Kaiser, hielten 
Wacht an den fernen Grenzen des Reiches wie in der Hofburg der 
Herrscher. Wenn er heimkehrte, mochte dann der germanische Söldner 
mit seinen Erzählungen neben dem Staunen zugleich Begehr nach solcher 
Herrlichkeit in den Seelen seiner Stammesgenossen wecken, die den Frem¬ 
den gegenüber nur das Recht des Schwertes und der Stärke kannten. 
Und die Zeit kam bald, wo die römische Schwäche offenbar wurde.
	        
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