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105. 
Das Münster in der Sternennacht. 
Bon August Stöber. 
Oberrheinisches Sagenbuch, hrSg. v. August Stöber. Straßb. u. Hcidelb. 1842. S. 537. 
Tage stehst du still und wie verdrossen, 
Die junge Welt dir um die Füße schwärmt; 
Nur, wenn vom Sternenlicht du ganz umflossen, 
Verkündst du, was Jahrhtinderte dich härmt. 
Dann ist dein Scheitel wundersam umschimmert, 
Dann stehst du, wie ein Seher, eingetaucht 
In alter Zeiten Pracht, und so umflimmert, 
Hast du dein Klaglied in die Luft gehaucht. 
Dann wird's ailch hell dort über deinem Rheine: 
Im fernen Süden ist der Nacht entblüht 
Das Freiburgmünster, das im Silberscheine 
Dem einz'gen Freunde, dir, cntgegenglüht. 
Ihr haltet Zwiesprach dann, ihr tauscht die Klagen 
Des Heimwehs um die längst vergangne Welt; 
Propheten seid ihr, seht die Wunden schlagen 
Und wisset, was das Heil gebunden hält. 
106. 
Münstersage. 
Bon ilhland. 
Gedichte. Stuttgart und Tübingen 1853. S. 299. 
Ä-in Münstcrturm, dem grauen, 
Da sieht man, groß und klein, 
Viel Namen eingehauen, 
Geduldig trägt's der Stein. 
Einst klomm die luft'gen Schnecke» 
Ein Musensohn heran, 
Sah aus nach allen Ecken, 
Hub dann zu meißeln an. 
Von seinem Schlage knittern 
Die hellen Funken auf; 
Deu Turm durchfährt ein Zittern 
Vom Grundstein bis zum Knauf. 
Da zuckt in seiner Grube 
Erwiu's, des Meisters, Staub, 
Da hallt die Glockenstube, 
Da rauscht mauch steinern Laub. 
Im großen Bau ein Gähren, 
Als wollt' er wunderbar 
Aus seinem Stamm gebären, 
Was unvollendet war. — 
Der Name war geschrieben, 
Von wenigen gekannt; 
Doch ist er stehn geblieben 
Und längst mit Preis genannt. 
Wer ist noch, der sich wundert, 
Daß ihm der Turm erdröhnt, 
Dem nun ein halb Jahrhundert 
Die Welt des Schönen tönt? 1) 
1) Aus der Plattform des Straßburger Münsters steht unter vielen auch Gocthe'S 
Name, von seinen akademischen Jahren her, eingehauen.
	        
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