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Warnst vor lockender Verführung
Blüthenüberstreutem Gleis';
Neigest dich mit leisem Trösten
An der Schwermuth dumpfes Ohr;
Hebst entfesselt den Erlösten
Don des Kerkers Stroh empor.
Herzen, die der Harm zerrissen,
Hegst du mit besorgter Treu';
Rückest der Geduld das Kissen
Auf des Schmerzenlagers Streu:
Schonst des Schlummers, nahst auf
Socken;
Kühlst mit deinem Palmenreis;
Trocknest mit ergoff'nen Locken
Banger Todeskämpfe Schweiß.
Bleib' bei uns, bis einst die Hefe
In dem Thränenkelch versiegt;
Kränze bleicher Trübsal Schläfe,
Die an deinen Schoß sich schmiegt;
Herze sie mit Ammcnarmen,
Sei umstürmter Pflänzchen Stab,
Die das ewige Erbarmen
Dir zur Pflege übergab!
Kalis.
49. Das Dtümchen Wnnderhold.
Es blüht ein Blümchen irgendwo
In einem stillen Thal,
Daö schmeichelt Aug' und Herz so froh,
Wie Abendsonnenstrahl.
Das ist viel köstlicher, als Gold,
Als Perl' und Diamant.
Drum wird eö „Blümchen Wunderhold"
Mit gutem Fug genannt.
Wohl sänge ich ein langes Lied
Von meines Blümchens Kraft:
Wie es an Leib und an Gemüth
So hohe Wunder schafft.
Was kein geheimes Elixir
Dir sonst gewähren kann,
Daö leistet, traun! mein Blümchen dir,
Man säh' eö ihm nicht an.
Wer Wunderhold im Busen begt,
Wird wie ein Engel schön.
Das hab' ich, inniglich bewegt,
An Mann und Weib gesehn;
An Mann und Weib, alt, oder jung,
Zieht'S, wie ein Talisman,
Der schönsten Seelen Huldigung
Unwiderstehlich an.
Auf steifem Hals ein Strotzerhaupt,
Das über alle Höh'n
Weit, weit hinaus zu ragen glaubt,
Läßt doch gewiß nicht schön.
Wenn irgend nur ein Rang, wenn Gold
Zu steif den Hals dir gab.
So schmeidigt ihn mein Wunderhold
Und biegt dein Haupt herab.
ES wehet über dein Gesicht
Der Anmuth Rosenflor
Und zieht des Auges grellem Licht
Die Wimpern mildernd vor;
ES theilt der Flöte weichen Klang
Des Schreiers Kehle mit,
Und wandelt in Zephyrengang
Des Stürmers Pvltertritt.
Der Laute gleicht des Menschen Herz,
Zu Sang und Klang gebaut,
Doch spielen drin oft Lust und Schmerz
Zu stürmisch und zu laut:
Der Schmerz, wann Ehre, Macht und
Gold
Vor deinen Wünschen fliehn,
Und Lust, wann sie in deinen Sold
Mit Siegeökränzen zichn.
O, wie dann Wunderhold dies -Herz
So mild und lieblich stimmt!
Wie allgefällig Ernst und Scheitz
In seinem Zauber schwimmt!
Wie man alsdann nichts thut und
spricht,
Drob Jemand zürnen kann!
Daö macht, man trotzt und strotzeb
nicht
Und drängt sich nicht voran.
O, wie man da so wohlgemnth,
So friedlich lebt und webt!
Wie um das Lager, wo man ruht,
Der Schlaf so segnend schwebt!
Denn Wunderhold hält Alles fern,
Was giftig, beißt und sticht.
Und stach' ein Molch auch noch so gern.
So kann und kann er nicht.
Ich fing', o Lieber, glaub' es mir,
Nichts aus der Fabelwelt,
Wenn gleich ein solches Wunder dir
Fast hart zu glauben fällt.
Mein Liedchen ist nur Wied erschein
Der Himmelölieblichkcit,
Die Wunderhold aus Groß imd Klein
In Thun und Wesen streur.