Full text: (Für das 4. und 5. Schuljahr) (Teil 2)

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Oer Mnterfeldzug des Großen Kurfürsten. 
Wege die Vereinigung mit Görtzke zu suchen und den Schweden 
eine Schlacht zu liefern. Da das Eis des Frischen Haffes hart 
gefroren war, ließ er soviel Schlitten zusammenbringen, als irgend 
aufzutreiben waren, das gesamte Fußvolk mußte sich darauf setzen, 
und fort ging es über die Eisdecke des Haffs und dann den Pregel 
hinauf nach Königsberg. Hier erfuhr er, daß der Feind sich 
bereits zurückzöge und von Görtzke verfolgt würde. Der Kur¬ 
fürst aber hatte den Schweden eine derbe Züchtigung zugedacht. 
Darum wollte er mit seiner Hauptmacht über das Kurische Haff 
die Memel hinaufgehen, um früher an der Grenze zu sein, als 
die Schweden. Am 18. Januar zog er in Labiau ein. Am 
folgenden Morgen stand die Armee, die Infanterie auf Schlitten, 
auf der Eisfläche des Kurischen Haffs. Sobald der Kurfürst er¬ 
schien, wurden bei allen Regimentern die Trommeln geschlagen 
und die Fahnen und Standarten gesenkt. Dann wurde die Heer¬ 
fahrt angetreten. Bei grimmiger Kälte zog das Heer über die 
knirschende Eisdecke dahin. Die kleinen litauischen und sam- 
ländischen Pferde wurden zu höchster Eile angetrieben und bei 
allen Regimentern während der Fahrt beständig der branden- 
burgische Dragonermarsch gespielt. Der kahle Strand, die weißen 
Dünen glitten an den Blicken des Heeres schnell vorüber. Wo 
die Bewohner vom Strande aus der seltsamen Heerfahrt nach¬ 
blickten, da sprach staunend einer zum andern: ,,Das ist der 
Große Kurfürst, der in das Land kam, um die Schweden daraus 
zu verjagen.“ Am Abend war das Dorf Gilge erreicht. Schnee 
und Reif hatten alle Kleider weiß bestäubt; voller Eis starrten 
die Bärte; so manchem waren die Gliedmaßen erfroren; aber 
aller Herzen schlugen warm und kampfesfroh. Bereits am folgen¬ 
den Tage von früh 4 Uhr an ging die Fahrt weiter, jetzt auf 
der hart gefrorenen Gilge, bis zur Ortschaft Kuckerneese. Hier 
meldete sich der Oberst Henniges von Treffenfeld beim Kurfürsten. 
Er hatte den Feind noch vor Tilsit bei dem Dorfe Splitter einge¬ 
holt, angegriffen, geschlagen und ihm viele Gefangene, Kanonen, 
Wagen und Schlitten abgejagt! Er war nun selbst gekommen, 
um dem Kurfürsten die eroberten acht Fahnen und zwei Standarten 
als Zeichen des Sieges zu überbringen. 
Bei den Schweden herrschte allgemeine Verwirrung. Unter 
Zurücklassung sämtlicher Vorräte nahmen sie den Rückweg längs 
der Ostseeküste. Görtzke griff die Nachhut des Heeres noch 
an und schlug sie vollständig. Nur Trümmer von der einst so
	        
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